lieber die Heilwirkungen des constanten galvanischen Strome* bei Iiä Innungen, Schmerzen und Krämpfen. Von R. Remak. (Aus dem Protokolle der Gesellschaft für wissenschaftliche Medicin vom 19. Januar 1857.) [Separat-Abdruck aus der Allg. Med. Central-Zeitung, 12. Stck., Jahrg. 1857.] Remak hielt einen Vortrag über die Heilwirkungen des conslan- ten galvanischen Stromes bei Lähmungen, Schmerzen und Krämpfen . Er gab zunächst einen Rückblick auf die zu Anfang dieses Jahrhun- derts von Physikern und Aerzteu gemachten vergeblichen Versuche, die Volta’sche Säule zu Heilungen von Nerven- und Muskelkrank- heiten zu benutzen, und knüpfte daran eine Geschichte seiner eigenen physiologischen Versuche, welche den therapeutischen vorausgingen. Er verwies dann auf seine Schrift „über methodische Elektrisirung” und auf seine Aufsätze in der deutschen Klinik und in den Wochenberich- ten der Pariser Akademie. — Nachdem es Remak im Juni 1851) ge- lungen war, mittelst des constanten galvanischen Stromes paralytische Contracturen zu lösen, lag es ihm nahe, die Heilung apoplektischer Hemiplegieen mittelst des Stromes zu versuchen. I)a ihn der Erfolg begünstigte, und in einem Falle nicht blos die Contracturen, sondern auch die an den gelähmten Gliedern vorhandenen veitstanzähnlichen Bewegungen der Behandlung wichen,*) so wurde Remak dahin ge- leitet, beim Veitstanz und neuerdings auch beim Stottern und bei Pa- ralysis agitans den Strom mit Erfolg anzuwenden. Andererseits war R emak durch die Behandlung der Paraplegieen zu Versuchen gegen die Tabes ermuthigt worden, so wie die iu der Regel schnelle Be- seitigung rheumatischer Contracturen und der mit ihnen verbundenen Schmerzen ihm die galvanische Behandlung aller Formen des Rheu- matismus aufnöthigte. Auf diesem letzteren Gebiete hat daher Rema k der Zahl nach die günstigsten Erfolge aufzuweisen. Er behält sich vor, eine genaue statistische Tabelle über die von ihm behandelten *) Der vor neun Jahren (1847) vom Schlaganfalle betroffene Kranke vurde in der Sitsung vorgestellt. 378 Kranken zu veröffentlichen und bezeichnet (wegen Kürze der Zeit) schliesslich nur noch die Krankheiten, in welchen der constante Strom sich ihm als heilsam bewährt hat, nämlich: 1) Acute und chronische Rheumatismen. (Bei den erste- ren in Verbindung mit Blutentziehungen), rheumatische Contracturen, Lähmungen und Neuralgieen, namentlich auch Ischias. 2) Cerebrale Hemiplegieen. Die Heilung kann in günsti- gen, Fällen in wenigen Sitzungen erfolgen, in anderen viele Monate dauern, oder auch ganz misslingen. 3) Spinale apoplektische Lähmungen. Die Prognose scheint hier gemeinhin weniger günstig, Remak hat bisher nur Fälle onv Besserung, aber nicht von Heilung aufzuweisen. 4) Tabes dorsalis. Remak hat in mehreren, sogar in veralte- ten Fällen bei Männern und bei Frauen günstige Erfolge erzielt, durch Linderung der sensiblen Störungen (Anästhesieen und Schmerzen), durch Besserung des Ganges und der Kräfte und durch Regelung der ge- störten Stuhl- oder Harnausleerung.0) 5) Progressive Muskelatrophie. Die Wirkung des Stroms auf rasche Steigerung der Kräfte der atrophischen Glieder ist durch mehrere Fälle ausser Zweifel gesetzt. 6) Veitstanz. Es wird ein Mädchen von 23 Jahren vorgestellt, welches im Monat August von einem halbseitigen Veitstanz befreit wurde, an dem sie seit ihrem elften Jahre gelitten hatte. 7) Stottern. Es wird ein Knabe von 12 Jahren vorgestellt, bei welchem die bisherigen 13 Behandlungen das Stottern fast ganz be- seitigt haben.60) 8) Tremor artuum, mehrere Male ohne Erfolg, zuweilen jedoch, namentlich auch der Tremor potatorum, mit raschem Erfolge behandelt. 9) Paralysis agitans. In mehreren Fällen vergeblich Heilung versucht. Zuletzt ist es Remak bei einem 60jährigen Manne (welcher vorgestellt wird) gelungen, das seit 16 Jahren bestehende Wackeln des Kopfes und sämmtlicher Glieder bis auf eine kleine, kaum sichtbare Spur iu 15 Sitzungen zu beseitigen. Der Kranke befindet sich noch in Behandlung. 10) Schrcibekrampf. In einigen Fällen rasche Besserung, in anderen keine. 11) Schwäche und Zittern einzelner Glieder, von epileptischen Anfällen herrührend, wurde in zwei Fällen beseitigt. In dem eimjn dieser beiden Fälle, in welchem die seit 4 Jahren bestehenden Anfälle bis zur Behandlung niemals länger als drei Monate auszubleiben pfleg- ten, sind dieselben bis jetzt (seit dem 27. August 1856) nicht wieder- gekehrt. Der Kranke ist frei von allen Beschwerden und seit dem 26. October ausser Behandlung. *) Ad. 2, 3 und 4 wurden als Belege mehrere Kranke vorgestellt. 4 Inzwischen sind zwei neue günstige Erfolge hinzugekommen. Den 7. Februar 1857. Remak. Druck des Typographischen Inztituts (Pasewaldt) in Berlin, Neue Friodrichsstrasse 24.