Lieber einige Verhältnisse des Baues und der Thätigkeit der Speichel drüserff Uorläufkj't ftlittjjeilung [ von \ R. HeidenHaln in Breslau.*) \ Anknüpfend an eine mir heute zugegangene Abhandlung des Hrn. Dr. Giannuzzi, welche Prof. Ludwig am 15. November vorigen Jahres der Gesellschaft der Wissenschaften zu Leipzig vorgelegt hat, erlaube ich mir, die bisherigen Resultate einer Untersuchung über die Speicheldrüsen, vorbehaltlich einer spätem Vervollständigung in einer ausführlicheren Arbeit, im Folgenden kurz mitzutheilen. 1) Hinreichend lange Reizung sowohl der chorda tympani, als des Halssympathicus ruft in der Gld. submaxillaris, die des ersteren Nerven auch in der Gld. sublingualis des Hundes eine lebhafte Zellen- bildung hervor. Im Speichel der Unterkieferdrüse treten vier For- men von Speichelkörperchen auf, die genauer zu characterisiren die Beschränktheit des Raumes nicht gestaltet. Ich will nur erwähnen, dass zwei derselben amöboide Bewegungen zeigen, und dass diese Körperchen durch Wasserzusatz zum Speichel den Körperchen aus der Mundhöhle des Menschen ährdich werden. Die Zahl der Zellen ist unter Umständen überaus gross. — Die Körperchen der Unter- zungendrüse zeigen ebenfalls amöboide Bewegungen. Bei Reizung des Sympathicus enthält das Submaxillar-Drüsen - Secret ausser jenen Körperchen noch, abgesehen von Schleimballen der verschiedensten Gestalt, häufig in der Schleimmetamorphose be- griffene Zellen, aus den Acinis der Drüse herstammend. Reizt man hintereinander längere Zeit den Sympathicus und darauf die Chorda, oder umgekehrt, so enthält der bei Reizung des zweiten Nerven zuerst ausfliessende Speichel zahllose sehr blasse tropfenartige Gebilde, welche eine sehr feine peripherische Gerinnungs- membran besitzen und sich bei Essigsäure-Zusatz feinkörnig trüben. 2) Die Acini der Submaxillar - Drüse enthalten zweierlei wohl unterscheidbare morphologische Elemente. Der grösste Theil des *) Ein Theil der hier mitgetheilten Beobachtungen findet sich bereits in einer von Hm. Dr. Schlüter im vorigen Sommer verfassten Dissertation, für welche ich jedoch nicht in allen ihren Theilen einstehen kann. Acinus wird von hellen Zellen mit eigenthümlichein Fortsätze und kleinem, in der Gegend des Abganges des letzteren gelegenem, stets plattgedrückten oder doch unregelmässig gestaltetem Kerne eingenom- men, die in dem Aufsatze von Giannuzzi rücksichtlich ihrer Form und Anordnung genau beschrieben sind. Der Inhalt dieser Zellen ist arm an Albuminaten, er trübt sich nicht durch höhere Concentratio- nen von Mineralsäuren (mit Ausnahme der Phosphorsäure), dage- gen durch sehr verdünnte Mineralsäuren, sowie durch Essigsäure, Oxalsäure u. s. f., und besteht danach wohl zum grössten Theile aus Schleim. — An der Peripherie des Acinus liegt eine bei verschiednen Thie- ren unter gewöhnlichen Umständen in verschiednem Grade entwickelte Lage morphologischer Elemente, deren Erkenntniss von besonderem Interesse ist. Bei der Katze findet man, meist fast die ganze Peri- pherie einnehmend, eine Schicht von Zellen, die sich von der cen- tralen durch geringere Dimensionen, runde Kerne, körniges Proto- plasma und reichen Gehalt an Albuminaten auszeichnen. Das Proto- plasma färbt sich durch Carmin, der Inhalt der centralen Zellen nicht. Auf feinen Schnitten grenzen sich die einzelnen Randzellen sehr oft deutlich von einander ab; doch ist das nicht immer der Fall. Mit- unter sieht man nur die runden Körper in ziemlich regelmässigen Abständen von einander in das körnige Protoplasma eingebettet, wel- ches sich noch nicht in deutlich unterscheidbare, den einzelnen Ker- nen zugehörige Portionen gesondert hat. Ab und zu gehen faden- artige Fortsetzungen des Protoplasmas zwischen den centralen Zellen nach dem Innern des Acinus; wo sie an den Eckpuncten mehrerer centraler Zellen breiter werden, pflegt in dieselben ein runder Kern eingebettet zu sein. — Zwischen den eben beschriebenen Acinis lie- gen kleinere, in den kleinsten Acinis können alle zelligen Elemente den Character der Randzellen der grösseren Acini tragen. — Beim Hunde ist die Randschicht in den Acinis nur local ent- wickelt unter der Form der von Giannuzzi beschriebenen „Halb- monde “. Diese stellen eine meist — doch nicht ganz ausnahmslos — noch nicht in discrete Zellen differenzirte Ansammlung von Proto- plasma dar. Die Kerne sind in ihnen nicht immer leicht sichtbar zu machen. Gute Dienste leistet hier die zuerst von MaSCHKE ange- wandte Färbung mit sauren Cochenille - Auszügen. Die Randschicht verhält sich den centralen Zellen, welche den Schleim produciren, gegenüber, wie das rete Malpighii der Haut zu den Elementen der Hornschicht; d. h. die Elemente der Randschicht t . . . liefern, indem sie sich durch Wucherung (Theilung) vermehren, Ersatzzellen für die durch schleimige Metamorphose zu Grunde ge- henden centralen Zellen. — Zwischen den Acinis finden sich stets einige Lymphkörperchen. Sie liegen wohl in den von Giannuzzi injicirten Lymphräumen. — 3) Der Beweis für die oben aufgestellte Deutung der Randschicht liegt in den Veränderungen, welche die Acini durch längere Nerven- reizung erfahren. — Bei längerer Reizung der Chorda gewinnt die Unterkieferdrüse des Hundes ein sehr verändertes Aussehen; die centralen hellen Zel- len sind sehr reducirt, weniger zahlreich, verkleinert, ihre Contouren oft eingebogen. Die Substanz der „Halbmonde“ hat an Volumen zugenommen, in derselben sind zahlreiche runde Kerne neugebildet; bei hinreichend langer Reizung sind an ihre Stelle zahlreiche kleine, körnige Zellen, jede mit runden Kernen, getreten. Das Protoplasma derselben färbt sich mit Carmin, dasselbe ist sehr eiweissreich. Sie sind unter Verdrängung der centralen Zellen in das Innere des Aci- nus mehr oder weniger vorgerückt. Aus Jodserum-Präparaten kann man diese Zellen, die sich durch Theilung fort und fort vermehren, im Stadio der Theilung isoliren. Sie werden zum Theil als Speichel- körperchen mit dem Secrete entleert, zum andern Theile gehen sie unter Aufhellung des Protoplasma's (Schleimumwandlung) in die hel- len centralen Zellen über, denn gegen die Mitte der Acini findet man oft helle mit Carmin sich nicht mehr färbende Zellen, kleiner als die normalen Centralgebilde, die noch einen runden Kern enthalten und durch diesen ihre Abstammung bekunden. — Nach längerer Reizung des Sympathicus findet man die centra- len Zellen des Acinus immer noch wohl erhalten. Die Randgebilde sind aber auch hier stärker entwickelt und oft in einzelne Zellen ge- sondert, doch ist der Process hier weniger weit vorgeschritten. Stets findet man die Lymphkörperchen in den interacinösen Räumen viel zahlreicher als in normalen Drüsen. Nach dem Obigen scheint mir die Deutung der Randgebilde klar. Sie stellen ein mehr (Katze) oder weniger (Hund) entwickeltes Lager von Zellen dar, die mehr oder weniger von einander geson- dert sind. Unter dem Einflüsse der Nervenreizung vermehren sich diese Zellen durch Theilung, um theils die durch Schleimmetamor- phose zu Grunde gehenden centralen Zellen zu ersetzen, theils, wenn anhaltend starke Reizung und in Folge dessen massenhafte Production erfolgt, mit dem Secrete entleert zu werden. — 4) Von der Gland. sublingualis will ich nur erwähnen, dass auch diese bei Reizung der Chorda Speichelkörperchen producirt. Ihre Acini werden zum grossen Theile von kleinen, körnigen Zellen ein- genommen , die centralen hellen Schleimzellen treten sehr zurück. Zwischen den Acinis liegen ausserordentlich grosse Mengen von Lymphkörperchen. Breslau, den 11. Februar 1866. Sep.-Abdr. a d. Centralblatt f. d. med. Wissensch. 1866. No. 9. Druck von H. S. Hermann, in Berlin.