Separatabdruck aus M. Schultze Arch. f, mikr. Anat. Bd. 6. 1870, Untersuchungen über den Bau der Labdrüsen. Von R. Heidenhain in Breslau. Hierzu Taf. XX u. XXI. Nachdem die anatomische Untersuchuug der Speicheldrüsen gelehrt, dass diese Organe während ihrer Thätigkeit erhebliche Um- wandlungen in ihrem histologischen Bau erfahren1), war es wahr- scheinlich geworden, dass auch in anderen Drüsen der Secretionsvor- gang mit einer Aenderung ihrer morphologischen Constitution ein- hergehen werde. In dem Verdachte, diese Voraussetzung zu recht- fertigen, stehen seit lange die Labdrüssen des Magens. Man nimmt in der Regel an — bei der weiten Verbreitung dieser Hypothese bedarf es besonderer Citate nicht —, dass ein wesentliches Glied in dem Absonderungsprocesse des Magensaftes die fortwährende Ausstossung von Drüsenzellen aus der Mündung der Drüsenschläuche und eine ihr parallel gehende Neubildung von Zellen im Grunde der- selben darstelle. Einzelne Autoren beschreiben diesen Vorgang so genau, als ob sie denselben wirklich beobachtet hätten, Fragt man aber nach vollgültigen Beweisen für diese Anschau- ung, so sieht es damit freilich in dem Grade dürftig aus, dass ein Zweifel an der Berechtigung derselben schon aus diesem Grunde gestattet ist. Als ich im Verfolg eines früher ausgesprochenen Planes2) an die Untersuchung der Drüsen selbst ging, gelangte ich 1) R. Heidenhain in den „Studien des physiologischen Instituts zu Breslau.“ Heft IV, S- 1—124. 2) Ebendas. S. 109. R. Heidenhain: Untersuchungen über den Bau der Labdrüsen- 369 über das Stadium des Zweifels sehr bald hinaus zu der Ueberzeu- gung der Unhaltbarkeit jener Meinung. Es ergab sich, dass die den Histologen geläufige Beschreibung der Labdrüsen — die auch in der letzten seitdem erschienenen mono- graphischen Bearbeitung des Magens noch kaum verändert wieder- gegeben wird*) — wesentlicher Ergänzung bedürfe. Die Zusammen- setzung des Drüsen-Innern stellte sich als unerwartet verwickelt heraus, so dass die physiologische Betrachtung dieser Organe von Neuem beginnen muss, nachdem die bisherige histologische Basis sich als unzulänglich erwiesen. Bevor ich an die Darstellung des von mir Beobachteten gehe, möchte ich den Leser bitten, an die folgenden Blätter nicht höhere Ansprüche zu stellen, als ich an die Untersuchung des Gegenstandes ge- stellt habe. Mein Zweck war lediglich, eine Grundlage für die physiolo- gische Erforschung des Secretions-Mechanismus des Magensaftes zu gewinnen, aber keineswegs eine morphologisch erschöpfende Kennt- niss des absondernden Schleimhaut-Stratums im Magen zu erwerben. Der Anatom von Fach wird daher manche Fragen flüchtig oder gar nicht berührt finden, die für den in den ersten Anfängen der Kenntniss herumirrenden Blick des Physiologen noch nicht fesselnder Natur sind, so sicher sie auch ihrer Bedeutung für ein späteres Stadium der Untersuchung sein mögen, wenn die ersten Schwierigkeiten auf dem betretenen Wege überwunden sein werden. Da bei dem Hunde der Bau der Labdrüsen weitaus am durch- sichtigsten erscheint, habe ich auch ganz vorzugsweise dieses Thier für meine Untersuchungen gewählt2). Was ich hier wahrgenommen, mag in der Beschreibung vorangestellt werden, sodann ein Vergleich mit den Verhältnissen bei einigen andern Thieren folgen. Gelegentliche Erfahrungen über die sogenannten Magenschleim- 1) E. Klein in Stricker’s Handbuch der Lehre von den Geweben. 2. Lfg., S. 388 u. flgd. 2) Bei dem Hunde ist Kolli ker’s reicher Erfahrung eine Andeu- tung des wirklichen Baues nicht entgangen. (Ygl. Mikroskopische Anato- mie II, 2, S. 138 und 139.) Doch haben seine theilweise richtigen Angaben die Beachtung anderer Forscher um so weniger erweckt, als er selbst die von ihm beobachteten Verhältnisse merkwürdiger Weise für Eigentümlich- keiten des Hundes hält, deren Existenz er später (Gewebelehre. 5. Aufl. S. 402) nicht mehr sicher zu sein scheint. 370 R. Heidenhain: drüsen lasse ich unerörtert, da auf meine Anregung Herr Dr. Ebstei n sich in meinem Institute ausführlicher mit diesen Gebilden beschäftigt. I. Die Labdriisen des Hundes. 1. Die Drüsen des hungernden Thieres. a. Allgemeiue Uebersicht über die in den Drüsen vorkommenden zelligen Elemente. Um den Bau der Labdrüsen zunächst unter möglichst ein- fachen Bedingungen kennen zu lernen, benutzte ich die Magen- schleimhaut von Thieren, die einige (3—5) Tage gehungert hatten *). Zur vorläufigen Orientirung diene ein Schnitt, senkrecht durch die in Alcohol erhärtete Schleimhaut, in Carmin oder Anilinblau gefärbt, und in Glycerin untersucht2). (Vgl. die halbschematische Fig. I, nach einem Carminpräparat entworfen.) 1) Ich kann nicht umhin, liervoi’zuheben. dass bei selbst mehrtägiger Nahrungsentziehung die Labdrüsen niemals vollständig unthätig sich ver- halten. Entgegen der verbreiteten Angabe, dass die Schleimhaut des leeren Magens auf ihrer Oberfläche neutral oder gar alkalisch reagire und erst nach Einführung von Speisen die Absonderung saurer Flüssigkeit beginne, habe ich unmittelbar nach dem durch Verblutung herbeigeführten Tode der Thiere die Labdrüsen-Gegend der Schleimhaut stets sauer gefunden. Oft ge- nug beschränkte sich die secernirte saure Flüssigkeit nicht auf die kleine, die Oberfläche eben netzende Quantität, sondern sie fand sich in grösserer Menge frei in der Magenhöhle (sowohl bei Hunden als bei Katzen.) Um die Behauptung, dass Secretion nur bei Beizung der Schleimhaut durch Ingesta eintrete, zu retten, hätte man in einigen Fällen allenfalls Haare, die beim Ablecken des Felles verschluckt worden waren, als der Reizung schuldige Körper ansehen können. In andern Fällen aber fanden sich nicht die min- desten reizverdächtigen fremden Gebilde vor. Vielleicht löst sich der Wider- spruch zwischen meinen und früheren Angaben durch die Verschiedenheit der Dauer der Nahrungsentziehung: möglich, dass in der ersten Zeit nach einem Verdauungsacte, der ihre Thätigkeit in Anspruch genommen hat, die „ermüdeten“ Drüsen in der That ruhen und erst allmählich die inneren Be- dingungen der Secretion wiederkehren. Wie dem auch sei, in jedem Falle geht aus dem Mitgetheilten hervor, dass sich die folgende Schilderung auf Drüsen bezieht, die, wenn auch im Vergleich mit der Verdauungsperiode nur in äusserst geringem Grade thätig, so doch sicher nicht vollständig im Ruhezustände befindlich waren. 2) Ueber die Untersuchungsmethoden siehe den Schluss dieser Ab- handlung. Untersuchungen über den Bau der Labdrüsen. 371 Auf einem solchen Durchschnitte sieht man schon bei massi- ger Vergrösserung die pallisadenartig neben einander gestellten, ein- fachen oder nach unten hin mehr oder weniger verzweigten Drüsen- schläuche den räumlich bei weitem am meisten vorwiegenden Be- standtheil der Schleimhaut bilden. An ihnen lassen sich drei Regio- nen oder Zonen unterscheiden, die ich als Drüsenausgang, Drüsen- hals und Drüsenkörper bezeichnen möchte. Der D rü senausgang (Fig. I a b) wird durch mehr oder we- niger tiefe grubenförmige Einsenkungen der Magenschleimhaut gebil- det, welche, mit Cylinderepithel bekleidet, an ihrem untern Ende in der Regel mehrere Drüsenschläuche aufnehmen. In diese setzt sich das Cylinderepithel meist nur noch eine kurze Strecke, mitunter jedoch, namentlich in den Drüsen des Fundus, ziemlich weit fort. Als Drüsen hals (b c) bezeichne ich den obern engeren Theil der Schläuche, welcher auf Verticalschnitten in der Regel ausschliess- lich von rundlichen, gefärbten Zellen erfüllt scheint, — eine Vor- stellung, welche durch die Untersuchung des Querschnittes wesent- lich berichtigt wird. Der Drüsenkörper (c—e), der sich nach unten hin oft ein wenig verbreitert, zeigt schon auf den ersten Anblick zwei Arten von Zellen: gefärbte, mit denen des Drüsenhalses übereinstimmend, am Rande, ungefärbte, bei passender Methode jedoch (s. unten im Anhänge) mit rothen Kernen versehene Zellen nach der Mitte hin. Schon die bei schwächerer Vergrösserung gezeichnete halbschema- tische Fig. I, besser die bei 270facher Vergrösserung genau nach Präparaten copirten Schläuche in Fig. XI und XII zeigen, dass die gefärbten Zellen am Rande nicht eine ununterbrochene Lage bilden, sondern durch Zwischenräume von oft ziemlich bedeutender Aus- dehnung getrennt werden, in denen die ungefärbten Zellen bis zur Peripherie reichen. Die gefärbten Zellen des Driisen-Halses und- Körpers stimmen, wie ich schon hier vorgreifend erwähnen muss, in ihrem wesent- lichen Verhalten mit den als «Labzellen« oft geschilderten Drtisen- Eleinenten überein. Sie verdankten diese Bezeichnung dem Um- stande, dass man sie, als die bisher allein bekannten Driisenzellen, mit der Function der Fermentbildung in den Drüsen betraute. Da nun aber die früher übersehene Anwesenheit einer zweiten Zellen-Art die Hypothese, dass gerade jene ersten Zellen das Pepsin bereiten sollen, ganz und gar fraglich macht, scheint auch die Beibehaltung 372 R, Heidenhain: des bisherigen Namens nicht mehr gerechtfertigt, ja überhaupt jede Bezeichnung, die eine bestimmte physiologische Function, wenn auch nur hypothetisch andeutet, bedenklich. In Anbetracht des Umstan- des, dass die ungefärbten Zellen in der ganzen Ausdehnung des Schlauches nirgends fehlen — denn auch im Drüsenhalse sind sie, wie der Querschnitt lehren wird, vorhanden, — will ich diese als »Hauptzellen«, die gefärbten, welche jenen fast immer aussen aufgelagert sind, als »Belegzellen« bezeichnen. Behufs vollständiger Uebersicht über die Gestaltung und räum- liche Anordnung der im Obigen aufgeführten morphologischen Ele- mente wird neben der Betrachtung des Längsschnittes eine Quer- schnitts-Ansicht unumgänglich nothwendig. Ein Durchschnitt durch den Drüsenausgang nahe der Schleimhautoberfläche (S. Fig. II a) zeigt die Lichtung desselben durch die im Kreise gestellten Cylinder-Epithelien begrenzt. Das In- nere dieser Gebilde ist bis auf das der Schleimhaut aufsitzende Ende hell und ungefärbt: der an der letzteren Stelle liegende, in der Re- gel in ein wenig Protoplasma eingebettete Kern bedingt hier Roth- (resp. bei Anilingebrauch Blau-) Färbung. Wenn die freie Basis des Zellkörpers ausnahmslos offen erscheint, so liegt der Grund da- von in der Präparationsweise (Entwässerung durch Alkohol, Behand- lung mit Tinctions-Flüssigkeit, Aufhellung durch Glycerin). Im na- türlichen Zustande finde ich die Zellen zwar nicht durchweg, aber doch zum grossen Theile geschlossen, wie ich F. E. Schulze1) gegenüber betonen muss. Untersuchung einer ganz frischen oder ebensogut einer in einprocentiger Ueberosmiumsäure erhärteten Schleimhaut lässt mir darüber keinen Zweifel. Theilweise freilich sind die Cylinder auch im frischen Zustande geöffnet: diejenigen nämlich, welche die schleimige Metamorphose, die den typischen Ent- wicklungsgang dieser Zellen bezeichnet, bereits durchgemacht und ihren Inhalt entleert haben. Die mit der Alcohol-Glycerin-Präpa- ration verbundenen Insulten der Gebilde beschleunigen den Vorgang der Eröffnung an der Basis, welcher im natürlichen Zustande erst nach Vollendung der bezeichneten innern chemischen Umsetzung eintritt. Leichter als auf Längsschnitten bemerkt man auf dem Quer- schnitte, dass die Belegzellen vereinzelt noch in dieser Drüsengegend 1) Dieses Arch. Bd. III. S. Untersuchungen über den Bau der Labdrüsen. 373 Vorkommen (S. in Fig. II der Querschnitte a), und zwar zwischen dem Bindegewebe der Schleimhaut und dem Cylinderepithel, — ein Verhältnis, welches übrigens auch F. E. Schulze an den Magen- drüsen des Fuchses constatirt und abgebildet hat1). Trifft der Querschnitt den tiefern Theil des Drüsenausganges (Fig. II b), so erscheinen die Cylinder-Epithelien in verändertem Cha- rakter: niedriger, am freien Ende geschlossen, mit granulirtem, gefärbtem Inhalte und — was bei der Vergrösserung, in welcher Fig. II gezeichnet ist, nicht wiedergegeben werden konnte — mit mehr nach der Mitte zu gerücktem Kerne von ovaler Gestalt und regelmässiger Begrenzung. Zwischen diesen noch nicht schleimig inetamorphosirten Cylinderzellen findet sich hier und da, jene ver- drängend, eine stark tingirte Belegzelle. Die beschriebene Zellen-Formation senkt sich in noch mehr verjüngter Gestalt in den Anfang des Halses der einzelnen Drüsen- schläuche ein Fig. (II, d): Die plötzliche starke Verkleinerung des Durchmessers des Querschnittes deutet hier an, dass derselbe bereits den Drüsenschlauch selbst getroffen. Ein wenig tiefer tritt in dem Drüsen-Halse eine Aenderung des Verhaltens ein, welche für diese Gegend genau festzustellen zu dem schwierigsten Theile der Unter- suchung der Labdrüsen gehört. Mir sind eine Zeit lang nur Bilder aufgestossen wie Fig. III, welche den Glauben erwecken mussten, dass in dem Halse der Schläuche lediglich gefärbte Belegzellen vorhanden seien. Erst bei immer wieder erneuter Prüfung stellte es sich heraus, dass jene Zeichnungen nicht reinen Querschnitten, sondern schräg zu der Axe der Röhren gefallenen Durchschnitten entsprechen. Darauf weist sowohl der Mangel der auf dem Querschnitte stets sichtbaren Drü- senlichtung, als auch die unregelmässige Gruppirung der Zellen hin; der Umfang der einzelnen dichter gedrängten Zellenhaufen entspricht nicht der Begrenzung der annähernd cylindrischen Schläuche. Ein senkrecht auf die Röhrenaxe geführter, möglichst feiner und nicht zu stark tingirter Durchschnitt zeigt das Bild Fig. IV. In den engen Schläuchen fallen am Meisten die grossen, stark tingirten Belegzellen auf. Zwischen ihnen liegen sehr kleine kegelförmige Zellen, mit der breiten Basis der Wand aufsitzend, mit der Spitze das Driisen-Lumen erreichend. Sie besitzen einen granulirten, mit- 1) Dieses Archiv III, 178. T. X Fig. 19. R. Heidenhain: unter leicht gefärbten Inhalt und einen der Basis nahe gerückten, schwach tingirten Kern. Ich hebe hervor, dass die Belegzellen und die Hauptzellen hier noch oft neben einander gelagert sind, wess- halb jene ersteren auch nicht selten in unmittelbare Berührung mit der Lichtung des Schlauches gelangen. Wem es zu mühsam ist, an Alkoholpräparaten die hier gegebene Schilderung zu verificiren, wird vielleicht an in Osmiumsäure (1%) erhärteten Schleimhaut- stücken leichter zum Ziele gelangen. Nur ist darauf aufmerksam zu machen, dass bei dieser Präparationsweise die Hauptzellen im Verhältnis zu den Belegzellen viel kleiner erscheinen, weil die letz teren nicht so stark wie im Alcohol schrumpfen. — Gehen wir endlich zu dem Drüsenkörper über (Fig. V). Die Hauptzellen werden grösser, erscheinen von meist kegelförmiger Ge- stalt, hell oder doch nur sehr schwach granulirt. Ihr Kern ist je nach der Färbungsmethode gar nicht oder als runder tief rother Körper von geringem Umfange sichtbar. (In der Figur ist der un- tere Theil einem Präparate mit gefärbten, der obere einem andern mit ungefärbten Kernen entnommen). Nach Ausweis reiner Quer- schnitte (V, a), welche durch Längsschnitte, die das Drüsenlumen getroffen haben, (XI, a, b Vergr. 270) zweckmässig ergänzt werden, bilden die Hauptzellen eine vollständig geschlossene Epithelialröhre, welche innen das enge Drüsen-Lumen begrenzt, aussen entweder un- mittelbar an die Schlauchwand stösst oder von dieser durch die sich dazwischen eindrängenden Belegzellen getrennt wird. Bei sehr star- ker Vergrösserung sieht man mitunter zwischen benachbarte Beleg- zellen ganz feine Spalten vom Drüsenlumen aus eindringen. Die Lagerung der Belegzellen ist insofern nicht immer die gleiche, als sie bald auf den Raum zwischen den Aussen-Flächen der Haupt- zellen und der Schlauchwand sich beschränken, bald die an einan- der stossenden Seitenflächen der ersteren von aussen her ein wenig aus eiuander drängen, so dass sie in ausgedehntere Berührung mit diesen Gebilden treten, bald endlich gegentheils von den Hauptzellen bis auf eine kleine Berührungsfläche zurückweichen, indem sie die Wandung des Schlauches nach aussen hin hervortreiben und sich mit einem geringem oder grossem Theile ihres Umfanges in eine so gebildete Ausbauchung der Schlauchwaud einlagern. Diese Aus- buchtungen sind aber an den Drüsen hungernder Thiere nie so stark entwickelt wie an denen verdauender. Wie dem auch sei, so ist stets das Princip festgehalten, dass die Belegzellen ausser Berüh- Untersuchungen über den Bau der Labdrüsen. 375 rung mit dem Drüsen-Lumen bleiben, weil sie von diesem durch die Hauptzellen getrennt werden. Die Zahl der Belegzellen, welche auf einem Querschnitte er- scheint, ist sehr wechselnd, selten so gross, dass sie in geschlosse- ner Reihe die ganze Peripherie einnehmen; in der Regel finden sich zwischen ihnen grosse, durch die Aussenenden der Hauptzellen aus- gefüllte Lücken. Mitunter trifft man auf einen Drüsenquerschnitt ohne alle Belegzellen, wie auch die Längsschnitte nicht selten auf ansehnlichen Strecken frei davon sind. Solche Drüsenabschnitte täuschen das Bild von Schleimdrüsen vor; der Zusammenhang mit benachbarten, an Belegzellen weniger armen Abschnitten belehrt eines Bessern. Doch mögen derartige Bilder wohl der Grund sein, weshalb man hier und da von »Uebergangsformen zwischen Lab- und Schleimdrüsen« gesprochen hat, die ich durchaus nicht zugeben kann. Ihre Annahme war nur möglich, so lange das constante Auf- treten cylindrischer Zellen in den Labdrüsen übersehen wurde. — So weit die summarische Uebersicht über die in den Labdrü- sen vorkommenden Elemente. Vom rein morphologischen Stand- punkte aus könnte man eine nahe Uebereinstimmung im Baue zwi- schen den Labdrüsen und Schleimdrüsen des Magens hervorheben. In beiden setzt sich im Anschlüsse an die Cylinder-Epithelien der Magenoberfläche eine Formation von jenen verschiednerx) kegelför- miger oder cylindrischer Zellen nach Art eines Epithels bis in den Grund der Schläuche fort. In den Labdrüsen tritt zu diesen Ele- menten als eine äussere Auflagerungsschicht die freilich nicht con- tinuirliche Lage der Belegzellen hinzu. Ob aber diese Aehnlichkeit des Baues eine mehr als rein äussere ist, müssen erst weitere, na- mentlich auch auf die Schleimdrüsen auszudehnende Untersuchun- gen lehren. b. Genauere Untersuchung der Haupt- und Belegzellen. Zur genaueren Charakteristik der beiden in den Labdrüsen ver- kommenden Arten von Zellen wird es nunmehr nothwendig, diesel- ben unter verschiednen äussern Bedingungen zu untersuchen. Denn 1) Dass die Zellen in den Schläuchen der sog. Schleimdrüsen von den Cylinderepithelien der Magenoberfläche wesentlich sich unterscheiden, lehren nächstens mitzutheilende Untersuchungen von Hrn. Dr. Ebstein. R. Heidenhain: die Methode der Alcohol-Erhärtung, vorzüglich geeignet um die räumliche Anordnung jener Elemente kennen zu lernen, wirkt doch natürlich in vielfacher Beziehung verändernd auf dieselben ein. Möglichst unveränderter Zustand. Untersucht man die durch Zerzupfen isolirten Schläuche ganz frisch ohne alle Zu- sätze oder in indifferenten Flüssigkeiten (Jodserum), so zeigt der Drüsenkörper im Allgemeinen einen dunkel granulirten Inhalt, wel- cher eine diffuse Masse zu bilden scheint. Nur an der Peripherie sieht man die grossen, rundlichen oder elliptischen, fein granulir- ten Belegzellen durchschimmern, nach aussen durch die Drüsen- wandung scharf, nach innen gegen die körnige Nachbarschaft un- deutlich begrenzt. Hat man bei Anfertigung eines Schnittpräpa- rates Spuren des sauren Magensaftes von der Oberfläche her auf den Drüsengrund übertragen, so heben die Belegzellen sich heller und durchsichtiger gegen den dunkeln Schlauchinhalt ab. Eine Zer- klüftung des letzteren in einzelne Zellindividuen auch nur andeutungs- weise zu erkennen, ist völlig unmöglich. Dies gelingt erst nach längerer Maceration in Jodserum (Fig. VI). Die Belegzellen (a) erscheinen ein wenig gequollen, sehr fein granulirt, die Hauptzellen (b) viel kleiner als jene, stark dun- kelkörnig. Beide lassen sich ziemlich leicht isoliren; die Gestalt der letzteren erscheint je nach der Fläche, welche sie dem Beobachter zukehren, cylindrisch resp. kegelförmig oder kubisch, bei nach oben gewandter Basis der Zelle polygonal. Eine Membran ist weder an der einen noch an den andern Zellen zu entdecken. Destillirtes Wasser, zu den frisch ohne Zusatz isolirten Drüsen hinzutretend, bewirkt eine starke Quellung der Belegzellen, welche dabei heller durchsichtig, grobkörnig und schärfer umrandet werden, während die Hauptzellen, sich ebenfalls auf hellend, zu einer das Innere der Schläuche erfüllenden Masse zerfliessen. Alkalien. Zur schnellen Demonstration der beiden Zellen- formen in den Drüsenschläuchen ist die Anwendung einer 33%igen Kalilauge sehr empfehlenswerth. Haupt- und Belegzellen grenzen sich schon innerhalb der Schläuche deutlich gegen einander ab und lassen sich nach einiger Zeit durch Zerzupfen unschwer isoliren. — Verdünnte Kalilösungen führen schnell starke Erblassung der Haupt- zellen, geringere der etwas anquellenden Belegzellen herbei. In den letzteren nimmt der Kern eine auffallende Durchsichtigkeit an (wie schon lange von Donders bemerkt worden ist). Untersuchungen über den Bau der Labdrüsen. Säuren. Die Unterschiede der beiden Zellenarten treten in ihren Reactionen gegen Säuren sehr prägnant hervor. Salpetersäure von 0,02—0,05% J) hellt die Belegzellen auf und lässt sie aufquellen; ihr Kern, im natürlichen Zustande kaum durchschimmernd, erscheint sehr deutlich als körnig gewordenes run- des Gebilde. Die Hauptzellen schrumpfen und gewinnen durch Aus- fällung eines in ihnen enthaltenen Körpers ein wo möglich noch dunkleres Aussehen; trotzdem werden ihre früher dem Blicke ent- zogenen Kerne sichtbar. Wäscht man die Säure durch Wasser aus, so tritt in den Belegzellen eine feinkörnige Trübung ein: es muss sich also in denselben unter dem Einflüsse der verdünnten Säure ein in Wasser unlöslicher Körper gebildet haben. Ganz ähnliche Erscheinungen treten auf bei Anwendung von Essigsäure der ver- schiedensten Concentration (0,5—5%). Der Grad der Quellung der Belegzellen wächst mit steigendem Gehalte der Säure merklich. Da- bei treiben die quellenden Elemente die Schlauchwandung kuglig hervor, so dass sie theilweise oder selbst ganz und gar in unter den Augen des Beobachters entstehende Divertikel zu liegen kom- men, welche sich vom Schlauche so stark abschnüren können, dass sie mit demselben nur durch einen schmalen Stiel in Verbindung bleiben. Ganz anders wirken Mineralsäuren höherer Concentration (Sal- petersäure, Schwefelsäure, Salzsäure 0,5—5%). Belegzellen wie Hauptzellen werden getrübt und schrumpfen, mit steigender Con- centration in immer höherem Grade. Beim Ausspülen der Säure durch destillirtes Wasser quellen und hellen sich die Belegzellen be- trächtlich auf; an den Hauptzellen wird jede Aufhellung vermisst, sie scheinen eher noch stärker zu schrumpfen. Die Prüfung der Reaction der beiderlei Zellenarten gegen die eben besprochenen Alkalien und Säuren hat für mich ganz vorzugs- weise den Werth, mit neuen Mitteln den scharf ausgeprägten Unter- schied der Haupt- und Belegzellen darthun zu können. Je schwerer erklärlich es ist, dass bisher die eine Zellenart unbeachtet blieb, desto mehr liegt mir die Verpflichtung ob, die Beweise für die Na- tur derselben als von den Belegzellen vollkommen zu trennender Gebilde zu häufen. Schlüsse auf specifische Merkmale bezüglich der chemischen Constitution jener Elemente lassen sich aus ihrem 1) Die Concentrationen sind stets durch Titrirung genau bestimmt. 378 R. Heidenhain: Verhalten gegen die Alkalien und Säuren kaum ableiten. Die Be- legzellen verhalten sich wie alle albuminatreichen zeitigen Gebilde des Organismus. Die Hauptzellen könnten durch die bei Anwen- dung von Essigsäure jeder und von Mineralsäureu sehr geringer Concentration eintretende Trübung den Verdacht eines Mucingehal- tes erwecken. Allein sollte dieser Bestandtheil auch Vorhandensein, so ist er es gewiss nur in untergeordneter Menge, denn sonst müssten Mineralsäuren hoher Concentration gegenüber der Essigsäure und den verdünnten Mineralsäuren aufhellend wirken, wie es bei den Schleimzellen der Speicheldrüsen geschieht. In jedem Falle erlaubt das Verhalten gegen die Mineralsäuren den Schluss auf einen reich- lichen Eiweissgehalt in den Hauptzellen. Der Eiweisskörper muss aber andrer Art als in den Belegzellen sein: darauf weist das ver- schiedene Verhalten der beiderlei Zellen gegen die Tinctionsflüssig- keiten hin. — Uberosmiumsäure, in einprocentiger Lösung auf kleinere Schleimhautstücke angewandt, ertheilt nach 24 Stunden denselben eine angenehme Schnittconsistenz. Haupt- wie Belegzellen färben sich mässig; erstere erscheinen fast homogen, mit deutlich hervor- tretendem geschrumpftem, eckigem Kerne, letztere durch und durch fein granulirt mit rundem hell durchschimmerndem Kerne. Die Ge- stalt und das relative Grössenverhältniss beider Zellenarten wird weniger verändert als durch den Alcohol, so dass diese Methode als Ergänzung sehr werthvoll ist. Ebensoempfehlenswerth ist das doppelt chromsaure Kali (1 Vol. kalt gesättigter Lösung mit V2 — 1 Vol. Wasser verdünnt). Die körnigen Belegzellen werden stark gelb gefärbt, ihre Kerne er- scheinen deutlich contourirt; die mehr homogenen Hauptzellen wer- den wenig gefärbt, ihre Kerne sind nicht sichtbar. Legt man die Schleimhautstücke nach mehrtägigem Aufenthalte in der Lösung jenes Erhärtungsmittels in Alcohol, wobei vorher für Entfernung des überschüssigen gelben Salzes durch Wasser Sorge zu tragen ist, so erhält man nach 24 Stunden leicht feine Durchschnitte, die, in Glycerin aufgehellt, vortreffliche Bilder geben. Nach solchen Präpa- raten sind die beiden Querschnitte in Fig. VII gezeichnet. c. Einige Bemerkungen bezüglich der Schlauch- membran und des Zwischengewebes. Die oben geschilderten, das Drüsen-Innere constituirenden Ele- Untersuchungen über den Bau der Labdrüsen. 379 mente sind von einer membrana propria eingeschlossen, an welcher bereits vor mehreren Jahren Henle Q sternförmige Zellen bemerkte. Der Hund gehört nicht zu den Thieren, bei welchen diese Structur- elemente vorzugsweise stark entwickelt wären. Immerhin sieht man sie oft genug auf Verticalschnitten der Schleimhaut nach Carmin- oder Anilinblau-Tinction mit ihren Ausläufern zwischen den Beleg- zellen hindurch ziehen, namentlich deutlich im obern Theile des Drüsenkörpers und im Drüsenhalse. Wenn zahlreicher sichtbar, bil- den die Ausläufer eine Art Gitterwerk, in dessen Maschen je eine Belegzelle liegt. Ich glaubte zuerst, als ich die Bälkchen dieses Netz- werkes sah, in das Innere der Drüse eindringende Bindegewebsziige vor mir zu haben, bis mich Untersuchung zahlreicher Querschnitte eines Bessern belehrte. Viel ausgebildeter als beim Hunde ist das System dieser Zellen beim Schweine (S. Fig. 20). Ueber die Bedeutung jener sternförmigen Zellen, deren Seiten- stücke schon früher He nie2), später ich3) und Boll4) in den Speicheldrüsen beschrieben, kann nach den neueren Ermittlungen des letzteren Forschers5), die übrigens mit der Beschreibung Hen- les ganz übereinstimmen, ein Zweifel nicht mehr bestehen. Sie bil- den mit ihren Ausläufern ein weites Flechtwerk, zwischen dessen Balken sich die zarte tunica propria ausspannt, stellen also ein Stütz- gewebe für den Aufbau der Drüsenröhren dar. Bezüglich der Zusammenfassung der Drüsen zu kleineren und grösseren Paqueten, welche von einander durch stärkere, nament- lich in der Gegend des Drüsenhalses- und Ausganges entwickelte Bindegewebsmassen geschieden sind, bezüglich der in das Binde- gewebe eingestreuten lymphoiden Elemente u. s. f. will ich Bekann- tes nicht wiederholen. Doch scheint es, gegenüber hier und da aus- gesprochenen Zweifeln, nicht überflüssig, der Anwesenheit von Zü- gen contractiler Faserzellen zu gedenken. Sie zweigen sich aus der unter dem Drüsengrunde ausgebreiteten muscularis mucosae ab, zie- 1) Eingeweidelehre. Braunschw. 1866. S. 46. 2) A. a. 0. 3) Studien des physiologischen Instituts zu Breslau. IY. S. 22. T. IY. Fig. X. 4) Archiv f. mikr. Anatomie Bd. IV (Thränendrüse) und V (Bindesub- stanz der Drüsen). 5) Beiträge zur mikroskopischen Anatomie der acinösen Drüsen. Diss. Berlin 1869. S. 14. 380 R. He idenhain: hen zwischen den Schläuchen in die Höhe und schlagen in der Ge- gend des Drüsenhalses eine quere Richtung ein, wie besonders schön an künstlicher Verdauung unterworfenen Schleimhautschnitten zu bemerken Gelegenheit ist. Meine Beobachtungen stimmen bezüglich der Anordnung dieser Elemente am Besten mit denen von Klein1) überein. d. Verschiedenlieiten der Labdrüsen in verschiedenen Gegenden des Magens. Von dein bisher geschilderten allgemeinen Verhalten weichen die Labdrüsen in wesentlichen Puncten nirgends ab. Zwar werden Nachuntersucher hier und da die Hauptzellen in Bezug auf ihre Grösse, den Grad ihrer Trübung und ihre Tinctionsfähigkeit etwas anders beschaffen finden, als ich sie bisher beschrieben. Allein diese Unterschiede rühren davon her, dass die Labdrüsen auch bei län- gerem Hungerzustande keineswegs als völlig unthätig zu betrachten sind2), und dass die mehr oder weniger energische secretorische Thätigkeit erhebliche Abänderungen herbeizuführen vermag, worüber bald weitere Aufklärung erfolgen wird. Abgesehen von diesen von dem Functionszustande abhängigen Umgestaltungen kommen haupt- sächlich in folgenden Puncten Differenzen vor, die z. Th. schon frü- her beiläufig erwähnt sind. 1. Die Zahl der Belegzellen kann eine grössere oder geringere sein. Diese Schwankungen machen sich besonders im untern Theile des Drüsenkörpers bemerklich. Man sieht hier auf Längsschnitten bald continuirliche Reihen der Belegzellen beiderseits die Peripherie der Schläuche einnehmen, bald die Zellen mehr vereinzelt und durch breite Lücken von einander getrennt auftreten. 2. Die Schläuche können einfach oder an ihrem untern Ende getheilt sein. 3. Das Cylinderepithel kann vom Drüseneingange aus mehr oder weniger tief in den Schlauch hinein reichen. Sehr tief, selbst bis zur Hälfte der ganzen Drüsenlänge, geht es oft in den kurzen Schläuchen der dünneren und blässeren Schleimhaut des fundus ventriculi. Alle diese Unterschiede sind aber von nebensächlicher Bedeu- 1) Stricke r’s Handbuch der Gewebelehre. S. 391. 2) S. oben Anmerkung zu 1. Untersuchungen über den Bau der Labdrüsen. 381 tung. Das allgemeine Princip des Baues bleibt überall dasselbe: eine innere Formation von Hauptzellen und eine äussere Formation von Belegzellen kehrt überall wieder. 2. Die Drüsen des gefütterten Thieres. Eingedenk der merkwürdigen Veränderungen, welche die se- cretorischen Elemente der gld. submaxillaris des Hundes nach anhal- tender Reizung der chorda tympani erfahren, habe ich mich zunächst bemüht, für die Labdrüsen einen Nerven von ähnlicher Bedeutung, wie sie jener Zweig für die Unterkieferdrüse besitzt, aufzufinden. Leider vergeblich!r) Da die in der Anmerkung verzeiclineten Be- 1) Ich habe zuerst den nerv, vagus in Angriff genommen, freilich von vornherein nicht mit grossen Hoffnungen, da ja nach den Beobachtungen zuverlässiger Forscher die Absonderung normalen Magensaftes in normaler Menge durch die Trennung beider vagi gar nicht oder doch nur ganz vor- übergehend gehemmt wird. Allein ganz bindend ist dieser Beweis gegen die Einwirkung der gedachten Nerven auf die Secretion nicht. Wissen wir doch auch, dass die Bewegungen des Magens nach Durchschneidung der herum- schweifenden Nerven fortdauern, obschon diese Nerven einen zweifellosen und kräftigen Einfluss auf die Bewegungen bei ihrer Reizung äussern. Die Versuche wurden an Fistelhunden angestellt, denen ich einen Fergusson- schen Scheidenspiegel in den Magen einführte, um bestimmte Schleimhaut- bezirke bei hellem Lichte während der Reizung in’s Auge fassen zu können. Bei dem ersten Reizversuche an dem peripherischen Ende eines durchschnitte- nen vagus schien in der That ein positives Resultat sich herauszustellen, als die tetanisirenden Ströme des Magnetelectromotors in bedeutender Intensität angewandt wurden. Es quollen reichliche Massen sauer reagirenden Schlei- mes durch die eingeführte Spiegelröhre hervor. Allein bald wurden diese gallig gefärbt und mit ihnen erschienen trotzdem, dass der Magen bei Anfang des Versuches vollkommen leer war, gallig tingirte Kartoffel Stückchen, — ein Beweis, dass die stark gereizten vagi den Dünndarm zu antiperistaltischen Bewegungen veranlassten, welche einen Theil des Darminhaltes in den Magen zurückbeförderten. Ein zweiter Versuch zeigte dieselbe Erscheinung in noch weit auffallenderem Grade. Dass nicht etwa neben diesem Zurücksteigen von Dünndarm-Inhalt doch eine Secretion im Magen stattfand, lehrte ein dritter Versuch, bei welchem das speculum, statt durch eine Fistelöffnung, nach Er- öffnung des Dünndarmes vom pylorus aus in den Magen eingeführt wurde. Hier blieb bei Vagus-Reizung jeder Ausfluss aus der Röhre aus. Man muss dabei nicht übersehen, dass anfangs bei Einführung des Spiegels die mecha- nische Reizung der Schleimhaut Absonderung hervorruft. Am sichersten weist die Einflusslosigkeit des vagus die directe Beobachtung der im Grunde der XI. Schnitze, Archiv f. mikrosk. Anatomie, iid. G. 382 R. Heidenhain: mühungen sich erfolglos gezeigt, sah ich mich auf Fütterungsver- suche angewiesen, die mich zwar bald zu der Ueberzeugung führten, dass der Act der Absonderung mit wesentlichen morphologischen Umgestaltungen der Drüsen-Elemente verbunden sei, aber doch lange in die peinliche Lage versetzten, die Abweichungen von dem für den Hungerzustand charakteristischen Verhalten sich scheinbar regellos bald in dem einen, bald in dem andern Sinne gestalten zu sehen. Der Zusammenhang der verschiedenen beobachteten Bilder wurde mir erst klar, nachdem ich eine grössere Zahl von Fütterungs- versuchen mit systematischer Berücksichtigung der verschiedenen Verdauungsstadien angestellt1). Nach Durchmusterung einer ausreichenden Anzahl von Präpa- raten, die den unten verzeichneten Mägen entnommen worden, glaube ich eine genügende Uebersicht über die Zustands-Aenderungen, welche die Magendrüsen während ihrer Thätigkeit erfahren, erlangt zu haben. Die folgende Schilderung lehnt sich an die mittelst eines Ober häuser’schen Zeichnen-Prismas bei 270facher Vergrösserung genau aufgenommenen Figuren XI—XV an. Fig. XI und XII stellen, jene die untern Enden der Drüsen- körper, diese den ganzen Körper und den untern Theil des Drüsen- halses von einem 5 Tage ohne Nahrung gehaltenen Hunde dar. Spiegelröhre liegenden Schleimhautfläche nach; sie liess niemals Secretion wahrnehmen. Ebenso vergeblich war das Bemühen, durch Reizung des centralen En- des eines vagus reflectorisch Secretion zu erzielen. Weiter richtete ich meine Aufmerksamkeit auf den nv. splanchnicus. Gereizt wurde derselbe bei zwei curarisirten Fistelhunden in der rechten Brusthälfte, woselbst er leicht zu erreichen ist. Die einzige durch die Spie- gelröhre bemerkte Veränderung war bei der jedesmaligen Reizung eine deut- liche Erblassung der Schleimhaut und eine geringe relative Lagenverschie- bung ihrer Fältchen. Endlich wrurde ebenso vergebens das Rückenmark bezüglich eines et- waigen secretorischen Einflusses geprüft. 1) Die nachstehende Tabelle giebt eine Uebersicht über das meinen Untersuchungen zu Grunde liegende Material. Zum Verständniss habe ich zu bemerken, dass der Ausdruck »gewöhnliche Diät« sagen will, die Thiere seien täglich ein Mal um Mittag mit Küchenabfällen (Knochen, Fleisch Kartoffeln u. s. f.) in zu ihrer Erhaltuug ausreichender Menge gefüttert wor- den; sowie dass die »letzte Mahlzeit« immer in solcher Quantität, wrie die Thiere sie auf ein Mal zu sich nehmen wollten, gegeben worden ist. Untersuchungen über den Bau der Labdriisen. Ich habe diese Figuren schon oben bei der Schilderung des Ver- haltens unthätiger Drüsen z. Th. mit benutzt. Ihre Nebeneinander- stellung ist mir an dieser Stelle wesentlich, um zu zeigen, dass der Durchmesser der Schläuche im Hungerzustande ziemlichen Schwan- kungen unterliegen kann (vergl. XII und XI a), ohne dass der son- stige Charakter derselben sich merklich ändert. Die gröste Breite (XI a) ist aber im Hungerzustande relativ wenig vertreten; die überwiegende Mehrzahl der Schläuche bewegt sich in Dimensionen 3r. Stunden seit der letzten Mahlzeit. Bestandteile derselben. Voraufgegangene Diät, j Bemerkungen. 1 2 Fleisch 2 Tage Hunger 2 21/» Brot u. Kartoffeln Gewöhnliche Diät 3 3V, Fleisch, Brot, Kar- toffeln desgl. 4 4 Brot u. Kartoffeln desgl. 5 4 Knochen 36 Stunden Hunger 6 5'/, Fleisch Gew. Diät 7 6 Brot u. Kartoffeln Gew. Diät 8 14 Fleisch 2 Tage Hunger Der Magen enthält noch Speisereste. 9 20 Fleisch Gew. Diät desgl. 10 20 Fleisch 14 Tage Fleisch ad libitum Magen bereits leer, Darm- chylusgefässe starkgefüllt 11 25 Fleisch Gew. Diät Im Mag. noch klein. Reste. 12 36 Fleisch Gew. Diät \ Magen leer. 13 ? Fleisch 10 Tage Fleisch ad jBei diesen 5 Vers, konnte 14 ? Fleisch libitum 4 Tage desgl. Idie Stunde seit der letz- [ten Nahrungsaufnahme 15 ? Gemischtes Futter 4 Tage ad libitum \nicht bestimmt werden, 16 ? desgleichen 11 Tage gern. Fut- ter ad libitum [weil die Thiere stets so Ireichlich mit Futter ver- 17 ? Kartoffeln u. Fett Kart. u. Fett 11 Tage ad libitum isehen wurden, dass ihnen dasselbe nie ausging. Ausserdem wurden noch folgende 3 Versuche angestelit: 18. 3 Tage Hunger, am 3. Tage Verschlucken einer beträchtlichen Menge gereinigten Badeschwamms, Tod nach 6 Stunden. Die noch nicht in den Darm übergegangenen Schwammstücke hatten sich mit Magensaft stark imbibirt, welcher intensiv sauer reagirte und Fibrinflocken schnell löste. 19. 3 T. Hunger; am 2. und 3. Tage früh Verschlucken von Schwamm, Tod am 4. T. früh. Die Schw'ammstücke hatten den Magen verlassen und waren bereits bis zum Mastdarm vorgedrungen. Die Schleimhaut des ganzen Darmcanales wrar durch dieselben blank geputzt. 20. 3 T. Hunger; am 4. und 5. T. früh und Abends, am 6. T. früh Schwämme. Tod nach etwa 5 St., im Magen noch Schwammreste, von Magensaft durchtränkt. 384 R. H eidenhain: zwischen den Grenzen, welche die Abbildungen XI b und XII be- zeichnen. Ist nach Einführung von Speisen innerhalb der ersten Stunden die Verdauung in Gang gekommen und lebhafte Magensaftsecretion eingeleitet, so erscheint die nach längerem Hungerzustande blasse und niedrige Schleimhaut lebhaft geröthet und turgescirend, am stärk- sten in dem mittleren Theile des Magens an der vordem und hin- tern Wand und längs der grossen Curvatur, schwächer im fundus und an der faltenlosen kleinen Curvatur. Auf Durchschnitten er- weisen sich die Labdrüsen erheblich vergrössert (Fig. XIII), nament- lich verbreitert. Die sofort in die Augen springende Veränderung ihres Innern bezieht sich auf die Hauptzellen. Doch ist der Zustand derselben nicht in der ganzen Länge des Schlauches der gleiche. Im untern Theile der Schläuche erscheinen sie beträchtlich geschwellt und durch eine feinkörnige Masse getrübt, deren Körnchen Anilin- blau aufgenommen haben, wodurch die ganzen Zellen einen blauen Ton erhalten. Im obern Abschnitte sind die Schläuche enger, die Hauptzellen in ihrem Innern von gröbern Körnchen durchsetzt und durch das Anilin stärker gebläut. Die Belegzellen, welche ebenfalls im Durchschnitte gegenüber dem Hungerzustande an Volumen zuge- nommen zu haben scheinen, springen meist stark halbkuglig oder warzenförmig über die äussere Oberfläche der Schläuche hervor, zeigen aber sonst keine in die Augen fallende Wandlung. Welcher Zusammenhang besteht nun zwischen dem eben ge- schilderten und dem für die Unthätigkeit während des Hungerzu- standes charakteristischen Verhalten der Drüsen? Sind die hier vorhandenen Hauptzellen neue Gebilde, an Stelle der zu Grunde gegangenen früheren getreten, oder sind sie Umwandlungsproducte der letzteren? Ich bin nicht zweifelhaft, dass es sich hier nicht um Untergang und Neubildung, sondern lediglich um verschiedene Fun- ctionszustände derselben Elemente handelt. Wenn man eine grössere Zahl von Präparaten aus der 2ten bis 4ten V erdauungsstunde durch- mustert, sieht man alle Uebergangsstufen von dem einen Verhalten (Fig. XI u. XII) zu dem andern (Fig XIII). Zeichen eines Zellen- unterganges und entsprechender Neubildung durch Theiluug habe ich dagegen nie wahrnehmen können. Wenn die Hauptzellen um dieselbe Zeit, in welcher die lebhaf- teste Secretion von Magensaft stattfindet, an der sie doch sicher be- theiligt sind, ihr Volumen nicht verkleinern, sondern vielmehr ver- Untersuchungen über den Bau der Labdrüsen. 385 grossem *), kann die Erklärung dafür nur in einem Missverhältniss zwschen Stoffaufnahme und Stoffabgabe liegen: sie haben aus dem vom Blute gelieferten Material viel mehr Substanzen aufgespeichert, als an das Secret verloren. Gleichzeitig ist aber ihr chemischer Charakter verändert, wie die im Hungerzustande weit schwächere Trübung und ganz fehlende Bläuung beweist. Ich muss hier, der Besprechung der Untersuchungsmethode vorgreifend, darauf hinwei- sen, dass der Grad der Bläuung durch Anilin (oder Röthung durch Carmin) von einer grossen Anzahl von Umständen abhängt, die bei der Beurtheilung der Präparate erwogen sein wollen. Die Concen- tration der färbenden Flüssigkeit, die Menge in welcher sie ange- wandt wird, die Zeitdauer ihrer Einwirkung auf die Präparate, die Dicke der Schnitte, alle diese Momente fallen ins Gewicht. Ich habe nie Präparate eines verdauenden Magens beurtheilt, ohne gleich- zeitig unter ganz genau denselben Bedingungen Schnitte eines Hun- germagens zu färben. Wenn bei ängstlicher Sorgfalt in Bezug auf die Gleichheit der Bedingungen, unter denen die Tinction geschieht, das Resultat derselben constant bei den einen Präparaten auffallend anders ausfällt als bei den andern, so ist die Berechtigung zu der Annahme zweifellos, dass diese Differenz ihren Grund in einer Ver- schiedenheit der Objecte hat. Was ist nun aber die Ursache der stärkern Färbung in dem einen Falle? Offenbar die chemische Natur der von den Zellen aufge- nommenen Substanzen, welche wenigstens der Hauptsache nach den Albuminaten angehören. Aber auch die sich wenig oder gar nicht färbenden Zellen des Hungermagens sind nicht arm an Substanzen, welche wesentliche Eigenschaften der Albuminate besitzen, wie die früherhin mitgetheilten microchemischen Reactionen beweisen. Es muss deshalb ein Unterschied bestehen zwischen der Natur der Ei- weisskörper, welche während des Verdauungszustandes in die Haupt- zellen übergehen, und derjenigen, welche sich einige Zeit nach vol- lendeter Verdauung in denselben Zellen vorfinden. Was sich färbt, 1) Sehr albuminatreiche Zellen, welche in Alkohol erhärtet sind, quel- len wegen der Gerinnung der Albuminate in Glycerin weniger auf, als Zel- len, die ärmer an in Alcohol coagulabler Substanz sind. Man könnte deshalb den Volumsunterschied der Schläuche resp. Hauptzellen im Hunger- und Ver- dauungszustande auf die verschiedene Quellbarkeit der Drüsenkörper nach der Alcoholbehandlung zurückführen wollen. Allein auch die Untersuchung im ganz frischen Zustande lässt über die Differenz des Umfanges keinen Zweifel. 386 R. Hei d enhain: bezeichnet das während der secretorisclien Thätigkeit aufgenommene Material, was sich nicht färbt, ein durch die in der Zelle sich ab- spielenden chemischen Processe entstandenes Umwandlungsproduct desselben. Der Grad der Färbung hängt von dem relativen Men- genverhältnis der einen und der andern Substanz in den Zellen ab und kann deshalb, je nach dem Verhältnis der Geschwindigkeit der Aufnahme nnd des Umsatzes variiren: oft genug sieht man gefärbte körnige Massen neben nicht gefärbten im Innern der Zellen liegen. Jene pflegen die Kerngegend einzunehmen oder hier doch am dichtesten angesammelt zu sein. So wird die Tinctionsmethode ein werthvolles Mittel, um das Vorhandensein chemischer Diffe- renzen auf den ersten Blick wahrnehmbar zu machen, wo sie ohne dasselbe weit schwieriger zu entdecken sind: wenn schon auch an nicht tingirteu Präparaten die stärkere Trübung der Zellen des verdauenden Magens schliessen lässt, dass die Zusammensetzung der Zellsubstanz gegenüber dem Hungerzustande eine andre ge- worden ist. Die Erwägung also der Verschiedenheiten, welche die Haupt- zellen des hungernden und des in den ersten Verdauungsstadien be- findlichen Magens zeigen, führt zu dem Schlüsse, dass neues Mate- rial behufs der Secretbildung in die Zellen übergeht, und zwar in grösserer Menge, als sie Inhaltsbestandtheile an das Secret abgeben. Die Zeit, welche nach der Speiseaufnahme verfliesst, bis die Drüsenschläuche die geschilderte Umgestaltung zeigen, der Grad derselben und ganz besonders die Zeitdauer ihres Bestehens sind in gewissem Grade veränderlich nach der Art der Ingesta, ihrer Menge und, wie es scheint, auch nach dem allgemeinen Ernährungs- zustände der Thiere. Nach reichlicher Fleischaufnahme tritt die Schwellung der Schläuche und die Trübung der Hauptzellen bereits nach 2 Stunden unverkennbar hervor; nach 4 Stunden sah ich sie auf voller Höhe, sowohl nach Fütterung mit Fleisch als mit Knochen oder Brot und Kartoffeln. In den spätem yerdauungsstunden findet man dagegen die Schläuche iu der Regel in einem andern Zustande, der sich aus dem vorhergehenden zwar continuirlich entwickelt, aber doch ein so wesentlich verschiedenes Bild gewährt, dass ich ihu geradezu als ein zweites Stadium der Drüsen Veränderung bezeichnen möchte. Um welche Stunde nach Ingestion der Speisen man diese neue Veränderung trifft, darüber kann ich etwas allgemein Gültiges nicht anführen. Nach Brotfütterung war sie um die 6te Stunde Uutersuchungen über den Bau der Labdrüsen. 387 bereits sichtbar, nach Fleischfütterung traf ich sie um die Ute Stunde, als der Magen noch Speisereste enthielt, sehr deutlich ausgeprägt. Als ich den Magen durch Einführung von Schwämmen reizte, gaben gegen die 6te Stunde alle Drüsen das gleich zu beschreibende Bild in sehr drastischer Weise; ja es ist mir fraglich, ob bei dieser Se- cretions-Erregung der früher geschilderte Zustand sich überhaupt in sehr charakteristischem Grade ausbildet. Dieses zweite Stadium (Fig. XIV und XV) kennzeichnet sich gegenüber dem ersten wesentlich durch Abschwellung der Drüsen- schläuche, beruhend auf starker Verkleinerung der Hauptzelleu, die jedoch in hohem Grade getrübt und tinctionsfähig bleiben. In Fig. XIV stellt a b den untern Theil eines Drüsenkörpers aus der Uten Stunde der Verdauung dar. Die Hauptzellen gleichen wegen des grobkörnigen Aussehens denen im oberen Theile der Schläuche in Fig. XIII. Das obere Ende a c desselben Schlauches in Fig. XIV lässt wegen ungemein starker Färbung die Umrisse der Hauptzellen kaum erkennen. Diese tiefe Bläuung beruht darauf, dass das Lumen des Schlauches von einer körnigen Masse ausgefüllt ist, die sich mit dem Farbstoffe ungemein stark geschwängert hat. Ich habe im obern Theile der Drüsenschläuche ein derartiges Verhalten öfters bemerkt: es scheint, dass durch die Alcoholwirkung bei der Erhärtung ein Secretbestand- theil innerhalb des Drüsenlumens unter jener eigentümlichen Form ausgeschieden ist. — Noch stärker als in Fig. XIV ist in dem durch Fig. XV repräsentirten Falle die Verkleinerung, Trübung und Fär- bung der Hauptzellen gediehen. Viele Drüsenschläuche des Thieres, welches längere Zeit sehr reichlich mit gemischtem Futter ernährt worden war, erschienen in solchem Grade zusammengefallen, dass die Belegzellen der beiden Seitenränder auf Längsschnitten sich fast zu berühren schienen. In ähnlichem Grade habe ich die Verkleine- rung und Trübung der Hauptzellen nur noch nach wiederholter Rei- zung der Magenschleimhaut durch Schwämme eintreten sehen. Vergleichen wir den eben geschilderten Drüsenzustand mit dem früheren, so liegt der Hauptunterschied in der Volumsverminderung, welche die Hauptzellen bei fortbestehender oder vielmehr sich noch verstärkender Trübung und Färbung erfahren. Wie die Schwellung dieser Elemente in der ersten Verdauungszeit auf einem Ueberwie- gen der Stoffaufnahme über die Abgabe, so beruht die jetzige Ab- schwellung, — ich wüsste keine andre Deutung — auf einem Vor- wiegen der Abgabe über die Aufnahme. Während der langen Se- 388 R. Heidenhain: cretionsdauer. die bei einer sehr reichlichen Mahlzeit, so lange der Magen noch Inhalt enthält, sich über einen Zeitraum von zwölf und mehr Stunden ausdehnt, findet fortdauernd Aufnahme von Se- cretionsmaterial, chemische Umsetzung desselben in den Zellen und Abgabe nach aussen hin statt, Ob die Einnahmen die Ausgaben oder umgekehrt die letzteren jene übertreffen, drückt sich in der Umfangs-Zunahme oder Abnahme der Zellen aus. Die chemische Verarbeitung des Aufgenommenen hält offenbar mit der Abgabe des bereits Verarbeiteten in der spätem Verdauungszeit nicht gleichen Schritt, sondern erfolgt langsamer als jene. Daher bleiben die Zellen zuletzt mit unverarbeitetem Material, dessen Anwesenheit die grosse Dichtigkeit der Trübung und Intensität der Bläuung verräth, bela- den zurück. Wenn nach Entleerung des Magens die Secretion ces- sirt, findet allmählig, aber langsam, Umsetzung der granulösen färb- baren in eine mehr gleichartige nicht färbbare Substanz statt, und damit erlangen die Zellen die Charaktere, welche wir als für den längeren Hungerzustand gültig bereits kennen gelernt haben. Ich habe bei der bisherigen Darstellung fast ausschliesslich die Hauptzellen berücksichtigt. Die Belegzellen bieten, abgesehen von einer, wie es mir nicht selten vorkam. ebenfalls merklichen Volums- zunahme, Differenzen ihrer Charaktere nicht dar. Oft fällt es auf, dass in dem zweiten Stadium der Verdauung die Belegzellen dichter an einander gedrängt liegen, als in dem ersten Zeiträume, was auf eine Vermehrung derselben bezogen werden könnte. Doch muss ich wiederholen, dass sie in Drüsen des hungernden Thieres nicht selten ebenfalls in continuirlicher Keihe au der Schlauchperipherie anzu- treffen sind. Ich möchte deshalb die gedrängte Lagerung derselben eher auf die verschiedene Ausdehnung der Schläuche in den verschiede- nen Zuständen beziehen. Es liegt ja auf der Hand, dass mit der Vergrösserung der Schlauch-Dimensionen, welche durch eine Volums- zunahme der Hauptzellen bedingt wird, die Belegzellen sich von einander entfernen müssen, während sie beim Zusammenfallen der Schläuche wieder an einander rücken werden. Symptome einer leb- haften Vermehrung der Belegzellen sind mir nicht in so zweifelloser Weise aufgestossen, dass ich eine solche anzunehmen berechtigt wäre, wenn schon ich nicht läugnen kann, dass hier und da, freilich stets sparsam, Formelemente auftreten, die als in der Entwicklung begriffene Belegzellen gedeutet werden könnten. An Schleimhautstücken nämlich, welche mehrere Wochen in Untersuchungen iiher den Bau der Labdrüsen. 389 doppeltchromsaurem Kali erhärtet, dann von dem überschüssigen Salze durch Auswässerung befreit sind und auf Längsdurchschnitten in Glycerin untersucht werden, fallen ausser den fast farblosen Hauptzellen und den hellgelb tingirten Belegzellen vereinzelt in dem untern Theile der Schläuche kleine zellige Gebilde auf, welche sich zunächst durch ihre tief dunkle Gelbfärbung vor den übrigen Drü- senelementen auf das Entschiedenste hervorthun. Sie liegen in der Regel an der Schlauchperipherie, drängen sich aber auch hier und da zwischen die Hauptzellen ein. Ihr Kern gleicht ganz und gar dem der Belegzellen; derselbe ist jedoch nur von einer schmalen Zone Protoplasmas umgeben. (Vgl. XVI a und a, wo ich diese Zel- len aus den Drüsen des Kaninchens abgebildet habe, und Fig. XVIII a, ebenfalls vom Kaninchen. Beim Hunde sehen sie ganz ebenso aus.) Mein erster Verdacht bei Beobachtung dieser Gebilde ging auf eine Verstümmelung von Belegzellen durch den Schnitt, hinaus; ich glaubte Abschnitte dieser letzteren Elemente vor mir zu haben, bei einer zufälligen Messerführung durch die Kerngegend derselben gebildet. Allein theils die auffallend starke Färbung des schmalen Protoplas- maringes jener kleinen Zellen durch das doppeltchromsaure Kali, wie sie unter gleichen Umständen keine einzige der zweifellosen Belegzellen zeigte, theils die Möglichkeit, dieselben auch an Zer- zupfungspräparaten im Innern uneröffneter Schläuche darzustellen, widerlegte jene Vermuthung. Ueber das negative Resultat bin ich aber hinauszukommen nicht im Stande gewesen. Ob sie wirklich junge in der Entwicklung begriffene Belegzellen darstellen, — die grosse Kernähnlichkeit könnte eine solche Verwandtschaft plausibel machen, — wage ich nicht zu entscheiden. Sollte das aber auch der Fall sein, so würde die überaus grosse Seltenheit ihres Vor- kommens den Beweis für eine nur spärliche Erneuerung der Beleg- zellen liefern, die sich überdies nicht an eine bestimmte physiolo- gische Thätigkeitsphase der Labdrüsen knüpft. Denn sie kommen regellos sowohl bei hungernden als bei stark gefütterten Thieren bald ganz einzeln, bald etwas häufiger, bald in vielen Schläuchen gar nicht vor. Bevor ich diesen Abschnitt schliesse, muss ich im Interesse etwaiger Nachuntersuchungen hervorheben, was sich eigentlich der Natur der Sache nach von selbst versteht, dass die von mir ge- schilderten und in den Abbildungen veranschaulichten Drüsenzustände nur die äussersten Grenzen einer continuirlichen Entwicklung dar- 390 R. H eidenhaiu: stellen, die sich natürlich durch alle denkbaren Uebergangsstufen zwischen den drei Haupttypen (Fig. XI—XII, Fig. XIII und Fig. XIV—XV) vollzieht. Man würde sehr irren, wenn man an die Un- tersuchung der Magenschleimhaut in der Voraussetzung ginge, alle Labdrüsen gleichzeitig in der gleichen Phase ihrer Veränderung anzutreffen. Die einen Drüsen durchlaufen schneller, die andern langsamer ihre Metamorphosen-Reihe, bei den einen prägen sich die Wandlungen stärker, bei den andern schwächer aus. Das letztere bezieht sich namentlich auf die Volumsveränderung der Hauptzel- len, die ja lediglich von dem Verhältniss der Stoftäufnahme zur Stoff- abgabe abhängt und nach den Schwankungen dieses Verhältnisses sich selbst verschieden gestalten muss. Man wird demzufolge wäh- rend der Verdauung an einer Stelle des Magens die Anschwellung der Drüsen auf ihrer vollen Höhe, an einer andern bereits die Ab- schwellung mehr oder weniger weit vorgeschritten finden. Leicht möglich, dass es unter Umständen sogar zu keiner hochgradigen Anschwellung kommt, wie es z. B. bei der Reizung der Magenschleim- haut durch Schwämme der Fall zu sein scheint. Während des Hun- gerzustandes ferner, der, wie wir wissen, nichteine völlige Unthätig- keit der Drüsen bedingt, findet man mitunter Schläuche, deren Hauptzellen durch eine merkliche Trübung und Tinctionsfähigkeit ihre Mitschuld an dem immerhin relativ spärlichen Secrete des Ma- gens verrathen. In der Unmöglichkeit, die Drüsenthätigkeit ihrem Grade und ihrer Dauer nach durch Fütterung so sicher zu beherr- schen, wie bei den Speicheldrüsen durch Erregung ihrer Nerven, liegt eine grosse Schwierigkeit für die Beurtheilung der an den Drü- sen wahrgenommenen Erscheinungen, weil sie in ihrem Auftreten mancherlei Schwankendes zeigen. Die Auffindung des gesetzlichen Zusammenhanges fordert die volle Ausdauer des Beobachters in der möglichsten Vervielfältigung der Untersuchung heraus. In dem Obigen ist bei Besprechung des Verdauungszustandes der Magenschleimhaut nur der Labdrüsen gedacht worden. Bezüg- lich des Zwischengewebes will ich die Bemerkung nicht unterlassen, dass in demselben sich oft so grosse Mengen von Lymphkörperchen vorfinden, wie sie mir während des Hungerzustandes nicht vorge- kommen sind. Der häufigste Sitz grösserer Ansammlungen dieser Elemente ist die tiefe, an die muscularis mucosae anstossende Gegend der Drüsenschicht. Ich habe mich bisher auf den einfach beschreibenden Stand- Untersuchungen über den Bau der Lahdrüaen. 391 puuct gestellt, mit Unterdrückung aller physiologischen Erörterun- gen, zu denen Anregung genug gegeben wäre. Zweckmässiger Weise übe ich diese Enthaltsamkeit auch noch ferner, um zuvörderst durch Vergleichung der Labdrüsen des Hundes mit denen einiger anderer Thiere eine breitere Grundlage für die physiologische Beurtheilung zu gewinnen. II. Die Labdrüsen einiger anderer Thiere. Die Grundzüge des histologischen Baues der Labdrüsen sind bei den von mir untersuchten Säugethieren im Wesentlichen überall die gleichen, doch kommen bei einigen interessante Abweichungen in der Ausführung des Grundplanes vor, die nicht ohne Wichtigkeit für die Auflassung der verschiedenen Drüsenelemente sind. Bei der Katze lassen sich dieselben Verhältnisse, wie beim Hunde, mit Leichtigkeit feststellen; Hunger und Fütterung ergeben gleiche Resultate. — Schwieriger gestaltet sich die Untersuchung bei Pflanzenfressern (Kaninchen, Meerschweinchen, Schaaf). Beim Kaninchen erscheinen die Hauptzellen nicht, wie bei dem hungern- den Hunde, in Alcohol-Glyceriu-Präparaten hell, sondern sehr stark körnig getrübt, was ihre Unterscheidung von den Belegzellen sehr erschwert. Doch führen folgende Methoden zur zweifellosen Klar- stellung der beiderlei Zellenarten: 1) Die Färbung von Alcoholpräparaten in sehr verdünntem Carmin-Glycerin unter Zutritt von Essigsäuredämpfen (vgl. die Me- thode weiter unten). Nach einem solchen Präparate ist Fig. X ent- worfen, die untern Enden der Drüsenschläuche mit den gefärbten Belegzellen und den ungefärbten Hauptzellen darstellend (Vgr. 150). Es fehlt hier scheinbar die Regelmässigkeit der Anordnung, wie wir sie beim Hunde kennen gelernt. Doch zeigen Querschnitte, welche allein die Orientirung der Zellen um das Drüsenlumen ordentlich übersehen lassen, dass die Anordnung ganz dieselbe ist: die körni- gen Hauptzellen begrenzen die Lichtung; jeder Querschnitt zeigt an der Peripherie 1—2 Belegzellen, kaum mehr. 2) Färbung in sehr verdünnten Anilinlösungen führt ebenso zum Ziele. Wenn schon die Hauptzellen oft einen blauen Ton an- nehmen, so fällt die Tinction der Belegzellen doch unverhältniss- mässig intensiver aus. 3) Erhärtung in doppelt chromsaurem Kali allein oder mit 392 R. Heidenhain: nachfolgender Alcoholbehandlung gestattet sowohl auf feinen Durch- schnitten als bei Zerzupfung durch Isolation die Darstellung beider Zellenarten. Fig. XVI giebt den Grund eines durchschnittenen Schlauches, Fig. XVII ein Zerzupfungspräparat. In beiden Figuren bezeichnet a die früher beschriebenen so sparsam auftretenden klei- nen Zellen, b die Beleg-, c die Hauptzellen. 4) Vortreffliche Dienste leistet die 24stündige Erhärtung in Ueberosmiumsäure, um auf Querschnitten der Drüsen die Nebcn- einanderlagerung der beiden Zellenarten zu constatiren. Die Haupt- zellen werden mässig, die Belegzellen stärker dunkel gefärbt. Die letzteren unterscheiden sich von den ersteren in höchst charak- teristischer Weise durch eine gleichmässige dunkle Körnung. Vgl. Fig. XVIII. Die hier abgebildeten Querschnitte a zeigen übrigens, was im Ganzen sehr selten vorkommt, dass ab und zu eine Belegzelle sich zwischen den Hauptzellen so weit nach innen vordrängen kann, dass sie in Berührung mit der engen Drüsenlichtung geräth. Da, wie bereits oben bemerkt, die starke Trübung der Haupt- zellen beim Kaninchen ihre Unterscheidung von den Belegzellen schwieriger macht, als beim Hunde, und selbst nach mehrtägigem Hungern eine Annäherung des Verhaltens an das bei diesem Thiere Bemerkte nicht zu beobachten war, lag es nahe, den Grund der Con- stanz dieses Unterschiedes in der constanten, bei Nahrungsentzie- hung bis zum Hungertode fortdauernden Anfüllung des Kaninchen- magens zu suchen. Ich habe mich vergeblich bemüht, die Reste unverdauter pflanzlicher Nahrung aus dem Magen dieses Thieres durch mehrtägige künstliche Fleischfütterung zum Uebergange in den Darm zu zwingen und so eine völlige Entleerung des Magens herzustellen. Das Verhalten der Hauptzellen zeigte nach achttägiger Fleischdiät keine merkliche Aenderung; der Magen enthielt noch grosse BalJen unverdauter pflanzlicher Reste. — Die Labdrüsen des Meer- schweinchens gleichen denen des Kaninchens. Bei beiden Thieren steigen die Cylinderepithelien der Magenoberfläche tiefer als beim Hunde in die Schläuche hinab. Auch das Schaaf zeigt nicht wesentlich abweichende Structur- verhältnisse. Die Drüsenschläuche sind hier sehr eng, das Cylinder- epithel findet erst sehr tief in denselben seine Grenze, die Haupt- zellen sind klein, die Kerne derselben, ihrer Basis unmittelbar an- liegend, relativ gross. Untersuchungen über den Bau der Labdrüsen. 393 Sehr lehrreich ist der in manchen Beziehungen abweichende Bau der Labdrüsen des Schweines. Macht man durch die Mitte der Drüsenkörper eines in doppelt- chromsaurem Kali längere Zeit erhärteten Schleimhautstückes einen Schnitt parallel zur Magenoberlläche, welcher also die Drüsen senk- recht zu ihrer Längsaxe trifft, so gewahrt man das überraschende Bild, welches in Fig. XX die Queerschnitte a und b wiedergehen. Man sieht einen regelmässigen äussern Kranz von sehr grossen granulirten Belegzellen, jede in eine scheinbar geschlossene Höhlung eingelagert, und einen innern Kranz von niedrigen kegelförmigen Hauptzellen, welche in ununterbrochener Lage das ziemlich weite Drüsenlumen umgeben. Zwischen den einzelnen Belegzellen ziehen die Ausläufer grosser sternförmiger Zellen hin, welche dieselben so- wohl nach aussen gegen das Bindegewebe als nach Innen gegen das Schlauch-Innere hin scheinbar allseitig begrenzen. Auspinsehl von Querschnitten (vgl. c, a) ermöglicht eine bessere Einsicht in die merkwürdige Structur der Drüsen. Durch Vergleich von Längs- und Querschnitten wird zweifellos, dass die sternförmigen Elemente der Schlauchmembran angehören, in welcher sie bereits beim Hunde be- schrieben sind, dass diese Membran aber für jede einzelne Beleg- zelle eine grosse Aussackung bildet, welche theils durch die Ausläu- fer der multipolaren Zellen als Streben, theils selbst durch sich in ihre Scheidewand abzweigende Bindegewebszüge eine vollständige Selbstständigkeit erhält. Die kugelförmigen Hohlräume haben nur eine enge Comißunicationsöffnung mit dem Hohlraume des eigent- lichen Schlauches, welche hier und da, jedoch natürlich nicht überall in die Ebene des Schnittes fällt. Wo der Schnitt gerade die Decke eines Hohlraumes bloss legt, wie bei e, sieht man, dass die Wan- dung aus einer homogenen Membran gebildet wird. So findet sich also jede Belegzelle in ein enges Gefängniss eingeschlossen, dessen Ausgangsthür einen weit geringeren Durchmesser hat, als der Leib der Gefangenen. Nach einer Abbildung, welche F. E. Schulze in seinem mehr- fach erwähnten Aufsatze von den Labdrüsen des Delphins giebt, zeigen diese einen ganz ähnlichen Bau. Doch sind ohne Zweifel jenem Forscher Präparate unter die Hand gekommen, in welchen die Hauptzellen zerstört oder aus den Schnitten herausgefallen waren, so dass ihm ein wichtiger Theil der Drüsenelemente durch einen unglücklichen Zufall entgangen ist. 394 R. Heidenhain: Das geschilderte Verhalten bezieht sich nur auf etwa das mitt- lere Dritttheil der Länge der Schläuche. Nach oben hin gegen den Drüsenhals sind die Belegzellen ganz wie beim Hunde gelagert, d. h. sie bewohnen nicht mehr selbstständige Räume, sondern lie- gen auf der Schlauchwandung, unmittelbar von den Hauptzellen be- deckt. Ebenso nach dem untern Ende der Schläuche hin. In dem letzten, der muscularis mucosae benachbarten Schlauchende fehlen die Belegzellen ganz, so dass hier die cylindrischen Hauptzellen allein übrig bleiben. Die letzteren zeigen an Alcohol-Anilin-Präparaten interessante Verschiedenheiten. Es kommen nämlich in unmittelbar neben ein- ander liegenden Schläuchen, ja sogar in demselben Schlauche dicht neben einander Zellen in den verschiedensten Zuständen vor: solche, welche durch ihre starke Trübung und Bläuung denen verdauender Hunde gleichen (Fig. NIX b), neben solchen, welche durch ihr hel- les homogenes Aussehen eine Uebereinstimmung mit denen hungern- der Hunde zeigen (IXa). Die Functionszustände der Zellen dessel- ben Schlauches sind also nicht mit Nothwendigkeit gleich; die ein- zelnen Elemente bewahren sich eine relative Selbstständigkeit. Ausserhalb der Klasse der Säugethiere habe ich noch die Lab- drüsen des Frosches und des Triton cristatus untersucht. Der Ty- pus des Baues weicht hier wesentlich von dem bei den Säugern ge- schilderten ab. Beim Frosche gelingt ohne Schwierigkeit die Isolation ganzer Drüsenschläuche in Zusammenhang mit dem Theil des Epithels der Schleimhautoberfläche, welcher der Drüsenmündung zunächst liegt, wenn mau die ganze Schleimhaut in 33procentige Kalilauge legt. Die einzelnen zelligen Elemente werden zwar merklich verändert, behal- ten aber doch ihre gegenseitige Lagerung unverrückt bei. Fig. XXI ist ein genau copirtes grosses Exemplar einer Drüse. Die Cylinder- epithelien der Schleimhaut (a . .. a) sind an ihrer freien Basis hell durchsichtig; darauf folgt eine den Kern einschliessende mehr von Körnchen durchsetzte Abtheilung, welche in einen auffallend langen fadenförmigen Fortsatz übergeht. Indem die Schleimhaut sich in den schlauchförmigen Driisen-Ausgang einsenkt, knicken sich die Zellen an der Uebergangsstelle des eigentlichen Zellkörpers in den Ausläufer winklig um; der Zellkörper stellt sich mit seiner Axe senkrecht gegen die Axe des Schlauches, der Ausläufer verläuft an der äussern Oberfläche jener Axe nahezu parallel. Die an isolirten Untersuchungen über den Bau der Labdrüsen. 395 Drüsen auf der Oberfläche allseitig nach abwärts strebenden Fäden hüllen wie ein Dach den Drüsenkörper auf eine lange Strecke ein. Die Zellkörper selbst erscheinen in dieser Gegend wesentlich anders, als auf der Magenoberfläche, verkürzt und durchweg getrübt. An der Stelle, wo der Schlauch sich theilt, treten fast constant grosse blasenförmige Zellen auf, deren ganzer Charakter über ihre Natur als Schleimzellen kaum einen Zweifel lässt (XXI b). Nicht selten dringen sie tiefer in die Schlauchzipfel ein. Die letzteren sind aber der Hauptsache nach mit polygonalen Zellen erfüllt, welche, durch die Kalilauge stark verändert, im frischen Zustande oder nach der Maceration in Jodserum ganz und gar die Charaktere der Zellen an sich tragen, welche bei den Säugern als Belegzellen auftreten: Das feinkörnige Protoplasma, den grossen bläschenförmigen Kern, den Mangel einer Membran (vgl. Fig. XXII, aus Jodserum isolirte Zel- len). Analoga der Hauptzellen der Säugethiere kommen in diesem Theile der Schläuche nicht vor. Ich muss betonen, dass die obige Schilderung sich auf in langer Gefangenschaft befindliche Winter- frösche bezieht. Nach 4—Gtägiger Fleischfütterung bestand die ein- zige wahrnehmbare Aenderung in einem häufigeren Auftreten der grossen blasigen Zellen (XXI b). Der Unterschied dieser Drüsen von denen der Säugethiere be- steht hiernach darin, dass bei den letzteren im Anschlüsse an das in die Drüsenausgänge sich einsenkende Epithel der Magenoberfläche eine Formation cylindrischer oder kegelförmiger Zellen bis in den Grund der Drüsenschläuche hinabsteigt, beim Frosche dagegen cylin- drische Zellen nur bis zu der Gegend reichen, wo die den Beleg- zellen der Säugethiere entsprechenden Gebilde beginnen. Ob die in den Drüsenschlauch hinuntergehenden Zellen, deren Charakter allerdings von dem der Epithelien der Magenoberfläche ab weicht, nur die Ana- loga des auch bei Säugethiercn den Drüsenausgang bekleidenden Cylinderepithels sind (welches ja nach der Tiefe hin (Fig. II b) ebenfalls seine histologischen Charaktere ändert), oder ob Zellen von der Natur der Hauptzellen an Stelle der einfachen Epithelien treten, ist die einfach histologische Untersuchung zu entscheiden wohl kaum in der Lage. Eine Beantwortung dieser Frage wird überhaupt erst dann möglich sein, wenn die physiologische Unter- suchung über die Bedeutung der Hauptzellen der Säugethiere ent- schieden haben wird. Neben den Drüsen des Frosches habe ich in Fig. XXIII und 396 R. Heidenhain: XXIV noch die Drüsen resp. Zellen aus dem Tritonen-Magen abge- bildet (nach Präparaten aus doppeltchromsaurem Kali). Der Drü- senkörper ist bei einer Vergr. von 270 gezeichnet, die zelligen Ele- mente bei 420facher Vergrösserung. Die Analogie mit dem Verhal- ten beim Frosche springt in die Augen. Die grossen Drüsenzellen lassen öfters 2 Kerne sehen. Die cylindrischen Zellen im obern Theile des Drüsenkörpers (XXIII a, b) haben wie beim Frosche Fort- sätze, deren Inneres von Protoplasma ausgefüllt ist, welches mit der den Kern umgebenden Protoplasma-Masse in unmittelbarer Verbin- dung steht. Nach der Erhärtung in doppeltchroms. Kali gerinnt und verdichtet sich die ganze Protoplasma-Masse und lässt sich dann in Verbindung mit dem Kerne isoliren (XXIV, a). So entstehen Kerne mit scheinbar von ihnen aus entspringenden Fäden. Ganz analoge Kunstproducte lassen sich aus den grossen, mit Fortsätzen versehenen Bindegewebszellen des Triton herstellen. III. Physiologische Erwägungen. Auch die genaueste histologische Kenntniss eines Organes ist nicht im Stande, einen ausreichenden Aufschluss über die functionelle Bedeutung seiner Elementartheile zu geben, — so wenig wie die rein experimentelle Untersuchung, welche, gestützt auf die End- ergebnisse der Thätigkeit, die Gesamintleistung der Organe be- stimmt, für sich ein Verständnis des innern Geschehens bei der Thätigkeit eröffnen und zu einer Zerlegung der Resultate in ihre einzelnen, den verschiedenen morphologischen Bestandtheilen der Or- gane zugehörigen Componenten führen kann. Die hier vorliegende histologische Vorstudie über den Bau der Labdrüsen wird deshalb zu Schlüssen betreffs der Function der in ihnen enthaltenen Ele- mente erst dann führen, wenn die nothwendige Ergänzung durch eine an die histologischen Ergebnisse unmittelbar anzuknüpfende Experimentaluntersuchung eingetreten ist. Gleichwohl glaube ich schon jetzt in der Lage zu sein, mich ablehnend gegen gewisse bis- herige Vorstellungen von den während der Verdauung in den Drü- sen stattfindenden Vorgängen verhalten zu müssen. Ich habe hier die Annahme im Auge, welche die Labzellen (die von mir sogenannten Belegzellen) bei jedem Secretionsacte mas- senweise aus den Drüsen ausgestossen und durch Neubildung (freie Entstehung, Theilung) in dem Grunde der Schläuche ersetzt wer- den lässt. Untersuchungen über den Bau der Labdrüsen. Zwar haben sich gegen die Ausstossungstheorie ab und zu Zweifel erhoben. So sagt Kölliker *): „Ein constantes Vor- kommen von Labzellen im Magensaft kann ich nicht annehmen und halte ich für sicher, dass bei vielen Thieren die Secretion des Magensaftes ohne Ausscheidung geformter Theile sich macht. Nichts- destoweniger sind gewiss die grossen rundlichen Zellen von aller Bedeutung für die Magensaftbilduug und scheint namentlich die Bereitung der löslichen stickstoffhaltigen Verbindung, die dem Secrete erst seine Bedeutung ertheilt, in sie verlegt werden zu müssen, wofür auch spricht, dass man in einer Schleimhaut, die zu einer künstlichen Verdauung verwendet wurde, diese Zellen ganz ausge- zogen und leer findet. Das Pepsin könnte dann aus den Zellen einfach aussickern oder durch eine Auflösung derselben frei werden. Ersteres wird da anzunehmen sein, wo, wie namentlich beim Hund, die Drüsencanäle nicht direct von den grösseren Zellen begrenzt werden, letzteres könnte in den Fällen sich finden, wo statt eines Lumen eine feinkörnige Masse in den Drüsen sich findet und auch die grossen Zellen nach Innen nicht immer deutlich contourirt sind.“ Schwankend äussert sich He nie2): „Der Zusammenhang der Zellen mit der Magenwand war in dem obern Theile der Drüse am frischen Präparate ein sehr lockerer, so dass die Zellen leicht und in Masse herausfielen. Auf eine solche Bestimmung derselben, nach der Mündung hin fortzurücken, deutet auch die Gegenwart früherer Entwickelungsstufen im Grunde der Drüsen. Die Existenz eines Lumens dagegen beweist, dass die Drüsen ein flüssiges Secret zu liefern haben, welches wahrscheinlich durch die Zellen aus dem Blute in die Höhlung der Drüsen abgesondert wird. So ist die Ablösung der Zellen vielleicht nur ein zufälliges, durch die Neubildung derselben vom Fundus aus wie- der auszugleichendes Ereigniss.“ Mit völliger Bestimmtheit bestreitet F. PL Schulze 3), an- kniipfend an die von ihm beim Delphin entdeckte Lagerung der Labzellen in besonderen Höhlungen (s. oben), die Auswanderungs- Hypothese, um so mehr, als er weder im Lumen der Drüse noch 1) Mikroskop. Anat. II. 2. 147. 2) Ztschr. f. rat. Med. Neue Folge. Bd. II. S. 311. 1852. (Die Angaben beziehen sich auf die Magendrüsen des Menschen.) 3) Dieses Archiv III. 178. M. Schuitze, Archiv f. mikrosk. Anatomie. Fid. C. 398 R. Heidenhain: in dem vorsichtig von der Oberfläche eines frischen Magens ent- nommenen Schleime jemals Labzellen gefunden habe. Es scheine vielmehr jede Zelle, ruhig an ihrem Standorte resp. in ihrer Nische bleibend, wie eine kleine selbstständige Drüse ihr flüssiges Secret zu bereiten und in das Lumen der Drüse zu ergiessen. — Allein trotz solcher Zweifel und directen Widersprüche hat im öffentlichen Bewusstsein der Physiologie die Ausstossungs- Hypothese immer noch ihren Boden behauptet und Anhänger gefunden. Wenn man die anatomischen Verhältnisse ins Auge fasst, welche ich in den obigen Mittheilungen geschildert habe, wird die fernere Vertheidigung der in Bede stehenden Anschauung zur Un- möglichkeit. Ich habe gezeigt, dass fast in der ganzen Länge der Drüsenschläuche die Belegzellen durch die dicht geschlossene Lage der Hauptzellen von dem Drüsenlumen getrennt sind, welches selbst viel zu eng ist, um Raum für jene grossen Elemente zu haben. Nur im Drüsenhalse, welcher den engsten Theil des Schlauches darstellt, treten die Belegzellen, sich zwischen den auseinanderwei- chenden Hauptzellen hervordrängend, mit einem kleinen Theile der Oberfläche in Berührung mit dem Lumen, aber nur, um weiter hinauf in dem Drüsen-Ausgange sich wieder unter die Decke der Cylinderepithelien zurückzuziehen. Beim Schweine ferner ist in der Grüssen-Ausdehnung des Schlauches jede Belegzelle, wie schon Schulze wusste, nicht bloss in eine besondre Kammer mit kleiner Thür eingeschlossen, sondern sogar, was jenem Forscher entgangen ist, dieser Ausgang noch durch die cylindrischen Hauptzellen voll- ends verlegt. Das Alles widerlegt die geläufige Anschauung auf das Bündigste. Wenn frühere Autoren sich auf das angebliche Vorkommen jüngerer Entwickelungsstufen der Labzellen im Drüsengrunde (Körn- chenhaufen mit Kernen) berufen, so wissen wir jetzt, dass jene da- mals ihrer Bedeutung nach verkannten Elemente, die von mir beschriebenen Hauptzellen, durch den ganzen Schlauch sich vorfin- den und eine zweite selbstständige Zellenart neben den Belegzellen darstellen, die in keinem genetischen Verhältnisse zu diesen steht. Wenn endlich das reichliche Vorkommen von Labzellen in dem Secrete des Magens während der Verdauung behauptet wird, so muss ich mit Schulze die Beständigkeit dieser Erscheinung durchaus bestreiten. Beim Kaninchen findet man allerdings in dem Schleimbelage der Innenfläche des Magens oft viele Zellenreste, Untersuchungen über den Bau der Labdrüsen. 399 aber nicht sowohl den Labzellen, als den Epithelien der Oberfläche und der Drüsenausgänge entstammend. Im Magensafte des Hundes treten morphologische Elemente weit spärlicher auf; nicht selten werden sie ganz vermisst. Streicht man freilich mit einem Scalpell unter einigem Druck über die Schleimhautoberfläche weg, so kann man aus den Drüsen Labzellen ebenso leicht entleeren, wie etwa aus angeschnittenen Harncanälchen die Epithelien derselben. Aber gerade dieses Beispiel zeigt, wie wenig daraus bezüglich einer regel- mässigen Ausstossung während der Verdauung zu schliessen ist. Wer diesem Puncte seine Aufmerksamkeit dauernd zuwendet, wird, ich zweifle nicht, bezüglich der Frage, ob bei der Magensaftsecretion die Entleerung von Labzellen eine constante und wesentliche Er- scheinung sei, zu dem negativen Resultate kommen, welches sich schon aus der genaueren Kenntniss der Lagerung jener Zellen in den Drüsen ergiebt. Nachdem das Mikroskop die Anwesenheit zweier scharf unter- schiedener Formelemente in den Labdrüsen der Säugethiere als all- gemeine Regel kennen gelehrt, wird es Sache des physiologischen Experimentes sein, der Beantwortung der Fragen, welche sich un- mittelbar an jene Erfahrungen knüpfen, näher zu treten. Von allen eingehenderen Erörterungen, zu denen mich die längere Beschäftigung mit dem Gegenstände nach verschiedenen Richtungen hin veranlasst hat, bis zu einem weiteren Fortschritte der in Angriff genommenen Untersuchung absehend, mag mir der kurze Hinweis wenigstens auf einige Gesichtspuncte gestattet sein. Dass die Hauptzellen bei der Secretion des Magensaftes leb- haft betheiligt sind, lehren die sichtbaren Veränderungen ihres Ver- haltens während der Verdauung : die Aufnahme, chemische Um- setzung und Abgabe von Substanzen liess sich ja unmittelbar aus den Aenderungen ihres Volumens, der optischen Beschaffenheit ihrer Masse und ihrer Tinctionsfähigkeit erschliessen. Wenn, soweit wir bisher wissen, die wesentlich charakteristischen Bestandtheile des reinen Magensaftes die freie Salzsäure und das Pepsin bilden, so wird man Angesichts jener greifbaren Vorgänge unwillkürlich zu dem Gedanken hingedrängt, die Hauptzellen möchten die Berei- tungsstätte des für die Verdauung wesentlichen, doch wohl den Albuminaten entstammenden Fermentkörpers sein; den Belegzellen würde dann wohl die Rolle der Fliissigkeitssecretion resp. Säure- bildung zufallen. Dass Pepsin- und Säurebildung nicht nothwendig R. Heidenhain: Hand in Hand gehen, scheinen Beobachtungen von Schiff zu er- weisen. Der Hypothese der Pepsinbildung in den Hauptzellen sind zwei gelegentliche Beobachtungen von mir nicht ungünstig. Wenn man Stückchen der Magenschleimhaut mit verdünnter Salzsäure (0,1%) bei 37—40° C. behandelt, so zerfallen die Hauptzellen sehr schnell. Sie werden von aussen nach innen allmählig gelöst, so dass ihr Volumen sich stark vermindert (Fig. Villa) und zuletzt nur kleine krümelartige Massen übrig bleiben, die aus dem ge- schrumpften Kerne und einer Spur ungelöster Substanz bestehen. (VIII ß). Die Belegzellen quellen indess nur auf und werden durch- sichtiger, sie sehen dabei entweder sehr mattkörnig (VIII y) oder mehr homogen und eigenthiimlich gelblich glänzend aus (VIII d). Sehr hübsch lassen sich diese Vorgänge unmittelbar mit Hülfe des ungemein bequemen, durch Wasserheizung erwärmbaren Object- tisches von Stricker an frisch isolirten und in einen Salzsäure- tropfen gelegten Drüsen verfolgen. Es schien mir, als ob die Hauptzellen in der obern Hälfte der Schläuche schneller gestört würden, als in der untern. Soll man nun nicht glauben, dass die- jenigen Zellen, welche bei der Einwirkung verdünnter Salzsäure zu- erst zu Grunde gehen, das Pepsin enthalten müssen? Es würde in der schnellen Zerstörung derselben ein Act der Selbstverdauung zu sehen sein. Kolliker hat freilich das „leere“ Aussehen der Lab- zellen nach künstlicher Verdauung als Unterstützung dafür an- geführt, dass diese die Pepsinbehälter seien. Allein jene scheinbare „Leere“ beruht auf weiter Nichts, als auf der durch die Säure her- beigeführten Quellung des Protoplasmas. Ein weisses Blutkörperchen, welches mit Essigsäure behandelt wird, sieht ebenso „leer“ aus. *) Ein weiterer Versuch, den ich im Verfolge des Gedankens, die Hauptzellen könnten mit der Pepsinbereitung betraut sein, ange- stellt habe, ging von der verschiedenen Vertheilung dieser Gebilde in den verschiedenen Gegenden der Drüsen aus. In der untern Ab- theilung der Drüsen sind die Hauptzellen gegenüber den Belegzellen bei weitem mehr vorwiegend, als in der oberen. Ich zerlegte die 1) Wenn man Schnitte einer in Alcohol erhärteten Magenschleim- haut mit verdünnter Salzsäure in der Wärme digerirt, lösen sich die Haupt- zellen nicht mehr auf. Nach einiger Zeit lassen sie sich dagegen vortrefflich isoliren, — eine der besten Methoden zur Isolation. In Fig. IX sind auf diese Weise dargestellte Hauptzellen abgebildet. Untersuchungen über den Bau der Labdrüsen. 401 Magenschleimhaut eines grossen Hundes mit dem Rasirmesser, so gut es gehen wollte, in eine untere und eine obere Schicht. Je 1,925 grm. der beiden Schichten wurden mit 15 Ccm. Salzsäure von 0,2 % digerirt, filtrirt und dann je 1 Ccm. der beiden Auszüge in 3 Versuchen mit resp. 10, 20 und 40 Ccm. Salzsäure von 0,1 % versetzt, um mittelst dieser Gemische vergleichende Versuche über die Geschwindigkeit der Lösung von Faserstoffflocken anzustellen. Die Verdauung des Fibrins erfolgte ausnahmslos in den Gemischen, welche mit dem Auszuge der tiefen Schleimhautschicht bereitet worden waren, erheblich schneller. Das Ergebniss beider Beobachtungen ist der Art, das dasselbe — ich will mich absichtlich sehr vorsichtig ausdrücken — der An- nahme, in deren Interesse die Versuche angestellt wurden, nicht widerspricht. Ich bin aber weit davon entfernt, deshalb jene Hypo- these als erwiesen oder auch nur in hohem Grade wahrscheinlich gemacht anzusehen. Die Möglichkeit anderer Erklärungsweisen der obigen Versuche liegt zu sehr auf der Hand, als dass ich dieselbe weitläufiger zu erörtern brauchte. Um näher an eine Entscheidung heran zu treten, wird das Resultat vergleichender Untersuchungen über den Pepsingehalt der Magenschleimhaut bei den durch die Fig. XI—XV repräsentirten Zuständen der Drüsen abzuwarten sein. Erst dann wird es an der Zeit sein, sich eingehendere Vorstellun- gen über die Bedeutung der beiden Zellenformen in den Labdrüsen zu bilden. Möglich, dass den Belegzellen die Hauptrolle bei der Bildung sowohl des Pepsin als der Salzsäure verbleibt — welcher Annahme der anscheinende Mangel beim Frosch und beim Triton das Wort redet —, oder dass den Hauptzellen eine ähnliche secre- torische Bedeutung zukommt, wie sie die Elemente der sogenannten Schleimdrüsen des Magens besitzen, über deren Bau nächstens zu veröffentlichende Untersuchungen von Herrn Dr. Ebstein Auf- schlüsse geben werden. Ich lasse es bei diesen flüchtigen Andeutungen über die Frage nach der functionellen Bedeutung der Labdrüsen - Elemente bewen- den und verweise bezüglich der angeregten physiologischen Fragen auf weitere in einer physiologischen Zeitschrift zu veröffentlichende Untersuchungen. 402 R Ileidenhain: Anhang. Bemerkungen über die Untersuchungs- m e t li o d e n. Für die Untersuchung der Magenschleimhaut ist es fast noch wichtiger als für die anderer Organe, sich nur des ganz frischen, dem eben getödteten Thiere entnommenen Materials zu bedienen, weil nach dem Tode sehr schnell durch den Magensaft Veränderungen der Magenwandungen eingeleitet wer- den. Die Oberfläche der zu untersuchenden Schleimhaut muss durch Wasser- abspülung von den Magencontentis befreit werden. damit nicht Imbibition der Schleimhaut mit der freien Säure stattfinde. Die Aufschlüsse, welche man über die Magendrüsen ohne Anwendung chemischer Agentien gewinnt, sind nur gering, die wichtigsten verdanke ich dem Jodserum, der 33procen- tigen Kalilauge, der Osmiumsäure, dem doppeltchromsauren Kali, und dem Alcohol mit nachfolgender Tinction. Die Anwendung der erst aufgezählten Macerations- und Erhärtungsmittel bedarf besonderer Erörterungen nicht. Dagegen dürften einige Erfahrungen, die ich betreffs der Färbungsmethoden gewonnen habe, für Nachuntersuchungen nicht unwillkommen sein. Das so vielfach angewandte Carmin wird oft beschuldigt, wechselnde Erfolge der Tinction zu geben, und es ist schwer, mit der Genauigkeit einer chemischen Vorschrift Regeln für die Bereitung einer Lösung aufzustellen, die an demselben Objecte constant dasselbe Färbungsresultat ergeben soll. Nach vielfachen Erfahrungen erscheint es mir unzweckmässig, für Objecte ver- schiedener Natur, ja sogar für dieselben Objecte bei verschiedener voraufgegangener Behandlungsweise die gleiche Carminlösung zu benutzen, vielmehr nothwendig1, für bestimmte Gewebe und Organe jedesmal die zweck- mässigste Mischung durch allmähliges Herausprobiren erst zu finden. Dabei bezeichne ich als zweckmässigste Flüssigkeit diejenige, welche an den ver- schiedenartigen Elementartheilen die grössten Farbenunterschiede auftreten lässt. Für die in Alcohol erhärtete Magenschleimhaut bin ich allmählig auf folgende Methoden gekommen. Ich bereite eine Carminlösung nach der Vor- schrift von Beale (How to work with the misroscope. Third edition. London 1865. S. 201), jedoch mit Weglassung des Alcohol. Diese Lösung wird ent- weder durch allmähligen Zusatz von Essigsäure oder durch Erwärmen auf dem Wasserbade von dem freien Ammoniak so weit befreit, dass sie dasselbe fast ganz verliert. Das Kennzeichen, dass dieser Punkt richtig erreicht sei, liegt für mich darin, dass ein kleines Uhrschälchen voll Lösung, welches frei stehen bleibt, in 24 Stunden alles Carmin wegen Verdunstung des noch übrigen Ammoniakrestes fallen lässt. Ein Uhrschälchen, mit jener Lösung gefüllt, nimmt die zu färbenden Alcoholschnitte auf, selbst in eine durch einen aufgeschliffenen Deckel geschlossene flache Glasschale gestellt, neben sich ein zweites Schälchen voll Wasser mit einer Spur von Ammoniak, die eben durch den Geruch noch wahrnehmbar ist Diese kleine Ammoniak- menge, allmählig verdunstend und von der Carminlösung absorbirt, reicht aus, um in der letzteren das Carmin 24—28 Stunden gelöst zu erhalten Untersuchungen über den Bau der Labdrüsen. 403 Nach 24 Stunden ist in der Regel schon die Färbung ausreichend. Die Schnitte werden dann in gewöhnlichem Glycerin, wie es die Apotheken liefern, abgespült, sodann wieder in concentrirtes Glycerin übertragen und 24—28 Stunden lang in einem Schälchen einer kleinen Menge verdampfender Essig- säure (ähnlich wie bei der Färbung selbst verdampfendem Ammoniak) aus- gesetzt. — Bei der letzten Operation muss man vorsichtig verfahren, weil zu starke Einwirkung der Essigsäure Trübung und Gerinnung in den Haupt- zellen hervorruft. Derartig zubereitete Präparate sind dauerhaft, wenn sie in Glycerin aufbewahrt werden. In ihnen zeigen sich bei hungernden Hunden die Belegzellen der Drüsen ganz und gar gefärbt, bei längerer Einwirkung mit stärker tingirten Kernen, die Hauptzellen dagegen bleiben bis auf die dunkelrothen Kerne farblos. Bei gefütterten Thieren färbt sich auch das Innere der Hauptzellen selbst, und zwar in den verschiedenen Verdauungs- perioden ungefähr in gleichem Maassstabe, wie durch Anilinblau. Ist bei der obigen Methode eine Ueberfärbung eingetreten, so dass alle Drüsenelemente gleichmässig roth erscheinen , so kann man das überschüssige Carmin durch Ammoniak wieder entfernen, indem man die Präparate in concentrirtes Gly- cerin legt und in geschlossenem Glasbehälter neben eine Ammoniaklösung von höherem Gehalte stellt. Indem das Ammoniakgas allmählig von dem Glycerin absorbirt wird, löst dieses das in den Schnitten ausgefällte Carmin wieder auf. Merkwürdiger Weise entfärbt sich dann zuerst das Protoplasma der Belegzellen, während ihr Kern und die Hauptzellen das Carmin noch zurückhalten, — ein Bild, gerade entgegengesetzt dem bei gutgelungener Färbung gewonnenen, in welchem die ganzen Belegzellen und die Kerne der Hauptzellen gefärbt auftreten. — Aber man kann auch die Belegzellen allein tingiren, während die Kerne der Hauptzellen sowde diese selbst ungefärbt bleiben (sc. beim hun- gernden Hunde). Zu dem Zwecke setzt man zu concentrirtem Glycerin einige Tropfen der obigen fast neutralen Carminlösung, so dass die Farbe des Ge- misches sehr hellroth erscheint. Eine solche Lösung für sich wirkt gar nicht färbend. Lässt man sie aber auf die oben angegebene Weise Essigsäuredämpfe absorbiren, so tritt allmählige Färbung der Belegzellen allein ein. Für die Drüsen des Kaninchens ist diese Methode yortheilhafter als die erste, um den Unterschied zwischen Haupt- und Belegzellen zu demonstriren. Hat bei zu langer Einwirkung der Säure oder zu grossem Gehalte des Glycerins an Car- min Ueberfärbung stattgefunden, so kann man durch Einwirkung von Salz- säuredämpfen die Belegzellen bis auf ihre Kerne entfärben, ähnlich wie bei der ersten Methode im Falle der Ueberfärbung durch Ammoniak. Es scheint vielleicht diese Auseinandersetzung über das den Histo- logen so geläufige Carmin ganz überflüssig. Allein ich muss einerseits natür- lich wünschen, dass spätere Untersucher meine an den Labdrüsen gewonne- nen Resultate bestätigen und deshalb die von mir befolgten Methoden genau mittheilen. Anderseits erhellt aus meinen Angaben, dass man mittelst des Carmin an demselben Objecte die allerverschiedensten Bilder gewinnen R. Heidenhain: kann, je nach der Art der Benutzung desselben, — eine Wahrnehmung, welche vielleicht die der Carmintiuction so oft anhaftende Unsicherheit er- klären und, wenn an andern Geweben weiter verfolgt, zur Beseitigung der- selben beitragen wird. Das in Wasser lösliche Anilinblau ist bereits von Frey für histolo- gische Zwecke empfohlen worden. Nach Erlernung der zweckmässigen An- wendung hat es mir die trefflichsten Dienste geleistet. Die wässrige Lösung desselben ist von mir immer nur in sehr verdünntem Zustande benutzt wor- den, so etwrn, dass ein damit angefülltes Uhrschälchen auf hellem Grunde einen vergissmeinnichtblauen Farbenton zeigt. Die Lösung muss neutral rea- giren. Setzt man zu einer solchen eine kleine Quantität Essigsäure oder lässt man auch nur Dämpfe derselben allmählig hinzutreten, so nimmt sie einen viel gesättigteren Farbenton an und ihre färbende Kraft wrächst erheblich. Durch Ammoniakdämpfe dagegen wird sie bis zur gänzlichen Farblosigkeit cntbläut. Die ausserordentliche Empfindlichkeit gegen Spuren von Säuren resp. Alkalien macht bei der Benutzung eine ungemeine Vorsicht nothwendig, wrenn man nicht die widersprechendsten Bilder erhalten will. In ein Uhr- schälchen, mit der obigen Lösung (jedesmal 4 Ccm.) gefüllt, bringe ich etwa ein Dutzend Alcoholschnitte. Ein Aufenthalt von 24 Stunden (behufs Ver- hütung der allmähligen Concentration in einem mit Wasser gesättigten Raume) ist meistens ausreichend. Will man die Färbung zum Erkennen von Unterschieden an verschiedenen Objecten benutzen, so ist es geboten, diesel- ben gleichzeitig unter ganz genau gleichen Umständen zu tingiren. Die ge- färbten Präparate werden in Glycerin übertragen und sofort eingekittet; denn lässt man sie in offenen Schälchen mit einem Ueberschusse von Glycerin stehen, so zieht dieses allmählig den Farbstoff aus, was bei sofortigem luft- dichtem Verschluss nicht geschieht. Die Bilder, welche mau an den Magen- drüsen nach der beschriebenen Methode erhält, stehen an Eleganz den Carmin- Tinctionen nicht im Mindesten nach. Breslau, Mitte März 1870. Erklärmig der Abbildungen auf Tafel XX. u. XXI. Fig. I. Halbschematische Figur: Verticalschnitt durch die in Alcohol erhär- tete, in Carmin tingirte und durch Glycerin aufgehellte Schleimhaut des Hundemagens; — Hungerzustand, ab Ausgang der Labdrüsen, bc Drüsenhals, ce Drüsenkörper. Fig. II. Querschnitt, welcher zum grössten Theile die Drüsenausgänge, zum kleineren Theile die Halsgegend der Schläuche getroffen hat. Die mit a und a bezeichneten Schnitte sind durch den obern Theil der Aus- gänge gefallen: Cylinderepithelien schleimig metamorphosirt. am freien Ende in Folge der Präparation offen. In den mit a bezeich- neten Schnitten liegen unterhalb der Cylinderzellen vereinzelt Lab- Untersuchungen über den Bau der Labdrüsen. 405 zellen. — Die mit b bezeichneten Schnitte haben den tieferen Theil der Drüsenausgänge getroffen : Die Cylinderzellen sind wegen grösse- ren Protoplasmareichthums durchweg granulirt und tingirt. — Schnitt d: Umfang des Drüsenhalses, Cylinderepithelien wie früher, dazwischen Belegzellen. In Schnitt c treten neben den Belegzellen bereits Hauptzellen auf. Hund. Hunger. Vergi. 150. Fig. III. Schräg durch den Drüsenhals geführter Schnitt. Hund. Hunger. 150. Fig. IV. Beine Querschnitte durch den Drüsenhals: Gefärbte Belegzellen; un- gefärbte, noch kleine Hauptzellen. Die ersteren Zellen reichen hier und da bis zu dem sehr engen Drüsenlumen. Hund. Hunger. 150. Fig. V. Querschnitt durch den Drüsenkörper. Bei genau auf die Schlauchaxe senkrechter Bichtung ist das sehr enge Drüsenlumen sichtbar. Letz- teres wird nur von den ungefärbten Hauptzellen umgeben. Ein Theil der Querschnitte ist mit gefärbten Kernen in den Hauptzellen ge- zeichnet. (Vergi. Methode). Hund, Hunger. 150. Fig. VI. Nach Maceration in Jodserum isolirte Belegzellen (a) und Haupt- zellen (b) aus den Labdrüsen des hungernden Hundes. 410. Fig. VII. Querschnitt durch den Drüsenkörper nach Erhärtung in doppelt- chroms. Kali. Hund. 200. Fig. VIII. Belegzellen und Hauptzellen der Labdrüsen des Hundes aus einem frischen Schleimhautstück nach Digestion in Salzsäure von 0,1 %. Die bei u gezeichneten Hauptzellen sind schon zum grossen Theile. die bei ß gezeichneten fast ganz gelöst. 410. Fig. IX. Hauptzellen aus in Alkohol erhärteten Schleimhautstücken, durch Digestion in Salzsäure von 0,1 % isolirt. 270. Fig. X. Unteres Ende der Körper der Labdrüsen von Kaninchen; Alcohol, Carmin, Glycerin. Belegzellen gefärbt. 150. Fig. XI u. XII. Labdrüsen des hungernden Hundes in verschiedener Breite, Alcohol, Anilinblau, Glycerin. 270. Fig. XIII. Labdrüsen des Hundes, erstes Verdauungsstadium. Methode wie XI. ab obere, bd untere Enden der Drüsenkörper, z. Th. quer und schräg getroffen. 270. Fig. XIV. Desgl. zweites Verdauungsstadium, ab unteres, b c oberes Ende der Drüsenkörper. 270. Fig. XV. Desgl. Sehr hochgradige Veränderung. 270. Vgl. den Text. Fig. XVI. Ende des Drüsenschlauches vom Kaninchen, in welchem a) die im Texte auf S. 389 beschriebenen, sparsam vorkommenden kleinen Zellen b) die Belegzellen c) die Hauptzellen sichtbar sind. Kali bichromicum, Alcohol. Glycerin. 420. Fig. XVII. Dieselben Elemente isolirt. Fig. XVIII. Querschnitt durch den Drüsenkörper vom Kaninchen. Osmium- säure 1 °/0, Glycerin, a) Hauptzellen, b) Belegzellen. 270. Fig. XIX. Von Belegzellen freies unteres Ende einer Labdrüse vom Schweine, Alcohol, Anilin, Glycerin. 270. R. Heidenhain: Untersuchungen über den Bau der Labdrüsen. 406 Fig. XX. Querschnitt durch die Mitte der Labdrüsenkörper vom Schweine. Kali bichromicum, Glycerin. Die ausgepinselten Schnitte zeigen die im Kranze um den eigentlichen Drüsenschlauch gestellten Ausbuch- tungen desselben, von welchen an den nicht entleerten Schnitten eine jede eine Labzelle enthält. Die kegelförmigen Hauptzellen bil- den ein geschlossenes Epithel in dem ihnen eigenthümlichen Schlauche. Hier und da sind die sternförmigen Zellen der Schlauchmembran sichtbar. Fig. XXL Durch 33procentige Kalilauge isolirte grosse Labdrüse vom Frosche. 270. Fig. XXII. Durch Jodserum isolirte Zellen aus dem Drüsengrunde desselben. Thieres. 420. Fig. XXIII. Unteres Stück einer Labdrüse von Triton cristatus. Kali bichromicum. 420. Fig. XXIY. Isolirte Zellen aus dem Drüsengrunde. Bei a ein Kern mit scheinbarem Fortsatze. 420. Archiv tAn ihres hop. Anatomie, ßj. VI. TaCXX. Fit), i. Fit)..?. Fiij.3. Fitj.S. Figl. Füi. 6 (v Fuj.H) Fij.Z Fig.8. b Fig.9. Lith.Anst.v J.Q.Bach,Leipzig. Archiv t!mikro.skop. AiuiUmic Bd. FL mm. Fit). 11. Fitj.H Fkj.14: Fitjii. Fit) .12. Fiij.21. Fiti.?l. Fit). Ui Fit). 19. Füj.22. FicjM Fiq.23. Fy/7. Fiß.18. Lith. Anst.v J.G. Bach, Leipzig.