Notizen zur Chemie des Harns von C. Dähnhardt, Dr. merL Cloetta ') hat bekanntlich in der Ochsenniere das Vorkommen von Cystin, Taurin und Inosit nachgewiesen und obgleich er gleichzeitig den Ochsen- harn auf diese Körper untersuchte, so konnte er dieselben doch darin nicht auffinden. Spätere Untersuchungen über diesen Gegenstand scheinen nicht gemacht zu sein, wenigstens sind mir solche in der Literatur nicht begegnet. Es wird nur angegeben, dass in einzelnen pathologischen Fällen im mensch- lichen Harn jene Körper auftraten, so Cystin in Harnsteinen und Sedimenten Taurin bei Icterus—Inosit bei Morbus Brightii und Diabetes. Es musste des- halb unverständlich bleiben, warum diese Körper, welche schwerlich eine weitere Verwendung im Organismus finden dürften, im Secret der Niere, deren specifische Thätigkeit grade sie zum Thcil beweisen, normaler Weise nicht vorhanden sind. Mehr zu meiner eigenen Belehrung hatte ich mir Ochsenharn verschafft, als ich wiederum namentlich auch durch Kühne’s Lehrbuch aufmerksam und angeregt wurde demselben nachzuforschen. Das Nichtvorhandensein dieser Körper schien mir überdies durch die vorliegende Untersuchung von Cloetta nicht genügend constatirt zu sein, da derselbe nur einmal und zwar 10 Pfd. Kinderharn einer Untersuchung unterwarf. Wie ich mich überzeugt habe, beträgt die Quantität Harn, welche ein Ochse auf einmal secernirt, gewöhnlich mehrere Liter, ich habe zuweilen über 8 Liter auf einmal erhalten; schon daraus ergiebt sich, dass derselbe sehr diluirt sein muss, was er in der That auch wohl meistens ist, und man darf nicht erwarten in kleinen Mengen mehr als Spuren dieser Körper, welche der Darstellung leicht entgehen können, zu finden. Ich verwandte zur Untersuchung eben gelassenen Harn von kräftigen Ochsen, welche zur Mästung mit dem besten Futter versehen waren. Bemerken will ich noch, dass der Harn klar war und saure Reaction besass; es ist dies der gewöhnlichen Anschauung entgegen, welche den Rinderharn stets trübe und alkalisch reagirend schildert. 1) Annalen der Chemie und Pharmacie. Bd. XXIII. Circa 18 Pfd. wurden zur Untersuchung verwandt, welche ungefähr bis zu V3 des Volums eingedampft und alsdann zur Darstellung von Taurin mit Bleiessig gefällt wurden. Hierauf folgte Entbleiung der Lösung mittelst Schwefelwasserstoff', Filtration und Concentration. Die jetzt erhaltene Lösung wurde nach Cloetta’s Vorgang zur Entfernung der essigsauren Alkalien mit Schwefelsäure versetzt und darauf Alkohol hinzugethan, die über- schüssige Schwefelsäure mit Barythydrat vorsichtig ausgefällt und endlich das Filtrat soweit concentrirt bis Alkohol eine Trübung verursachte. Beim Stehen über Schwefelsäure schieden sich nun Krystalle aus, welche mikros- kopisch in ihrer Form ovalen Blutkörperchen glichen. Beim Umkrystali- siren. erhielt ich feine, glänzende, säulenförmige Krystalle, die noch etwas gefärbt waren. Dieselben erwiesen sich zwischen Filtrirpapier getrocknet als luftbe- ständig, ihre Lösung reagirte vollkommen neutral, sie lösten sich leicht in warmen, schwerer schon in kaltem Wasser; weder salpetersaures Silberoxyd noch Quecksilberoxyd und Quecksilberchlorid brachten eine Fällung hervor. Die Krystallmasse auf dem Platinblech oder in der Glasröhre stark erhitzt, schmolz und verkohlte unter starkem Aufblähen. Nachdem die Substanz frei von Schwefelsäure erfunden, wurde durch Glühen mit Aetzkali und sal- petersaurem Natron nach bekannter Weise auf etwaigen Schwefelgehalt geprüft und derselbe auch constatirt, nachdem der vorher versuchte directe Nachweis durch Kochen mit Kalilauge ein negatives Resultat ergeben hatte. Um die fragliche Substanz einer weitern Prüfung (Elementaranalyse) zu unterwerfen, war die Menge (circa 1—2 Decigrm.) zu klein, doch dürften die obengenannten Eigenschaften, namentlich die Nichtfällbarkeit durch Me- talle und der Schwefelgehalt vollkommen genügen dieselbe als Taurin anzu- sprechen. Ebenfalls reichlich 16 Pfd. Harn wurden zur Darstellung von Inosit ver- wandt. . Der Harn wurde auch hier wieder concentrirt, alsdann Bleizucker zu- gefügt und dem erwärmten Filtrat so lange Bleiessig zugefügt bis noch Fällung entstand, derselbe dann in Wasser suspendirt und mit Schwefel- wasserstoff zerlegt. Nachdem das Filtrat genügend eingedampft war, er- folgte eine ziemlich reichliche Ausscheidung von Harnsäure in schönen farb- losen Krystallen. Von diesen getrennt wurde weiter eingedampft, bis durch Alkohol bleibende Trübung entstand. Die ausgeschiedene Masse wurde in wenig heissem Wasser gelöst und mit Aether und Alkohol gefällt. Beim Um- krystallisiren über Schwefelsäure bildeten sich mikroskopisch kleine aber wohl ausgebildete Krystalle (Rhomboeder), die vollständig identisch den Formen waren, welche Funke und Kühne in ihren Abbildungen vom Inosit geben. Die Lösung derselbe löste Kupferoxydhydrat, reducirte dagegen Kupfer- oxyd nicht, während nach der Behandlung mit concentrirter Salpetersäure durch Schwefelsäure ein weisser Niederschlag entstand, der Kupferoxyd in energischer Weise reducirte. Die Sclierer’sche Inositprobe wurde zu vielen Malen angestellt und gab stets die rosarothe Färbung. Die erhaltene Menge Inosit war klein (circa 1 Decigrm.), doch konnte aus einer gleichen Menge Harn npchmals eine ebenso grosse Quantität erhalten werden. Die Darstellungsmethode (Bildung von Inosit-Bleioxyd) sowie die nicht zweifelhafte Bildung von Nitroinosit und die übrigen charakteristischen Reactionen dürften mich auch hier vollkommen berechtigen, die erhaltene Substanz als Inosit zu betrachten. Um über das Vorkommen von Cystin Aufklärung zu erhalten, wurde jedes Mal der im concentrirten Harn entstandene Niederschlag untersucht; jedes Mal aber vergeblich, ebenso wie weitere 30 Pfd. Harn, die stark ein- gedampft und mit Essigsäure versetzt wurden, ein absolut negatives Resul- tat ergaben. Das Nichtvorhandensein des Cystin stimmt insofern mit den vonCloetta gefundenen Resultaten, als er einmal allerdings deutlich Cystin in der Niere nachweisen konnte, ein andres Mal nicht; in diesem Falle aber Taurin. Weniger wichtig erschien es mir den Rinderharn ebenfalls eingehender auf die (ihrigen im Nierensafte gefundenen Körper zu untersuchen. Bei- läufig konnte jedoch der Befund Brücke’s und Meissner’s *) im Betreff des Vorkommens der Harnsäure im Rinderharn, der alten Anschauung entgegen, stets bei jeder darauf hinzielenden Prüfung bestätigt werden. Nach Zu- fügen weniger Säure krystallisirte stets Harnsäure aus, namentlich in ver- hältnissmässig grösserer Menge wurde dieselbe, wie schon oben erwähnt, bei der Darstellung des Inosits gewonnen. Ebenso wurde gelegentlich der Harn auf einen Hypoxanthin-Gehalt geprüft. Aus dem erhaltenen Kupferniederschlag konnte nach der Zer- setzung mittelst Schwefelwasserstoff und Abdampfen der fiitrirten wässerigen Lösung (mithin Guanin auszuschliessen) ein Rückstand erhalten werden, der mit Salpetersäure und Kalilauge in bekannter Weise behandelt, jene rothe Färbung gab. Die erhaltene Menge war aber so gering, dass eine weitere Behandlung hoffnungslos erschien, wollte man nicht enorme Quantitäten Harn verarbeiten. Das Vorkommen des Hypoxanthin, der niedriger oxydirten Glieder der xanthinartigen Körper im Harn in irgendwie beträchtlicher Menge scheint überall sehr von Umständen abhängig, wie dies für das Sauerstoff reichere Glied der Harnsäure bereits genügend eruirt ist, sowrohl für den gesunden wie kranken Organismus. So finden wir auch im normalen menschlichen Harn kaum darstellbare Mengen, während, wenn ich hier speciell an das Hypoxanthin denke, das- selbe bei der Leukämie in grösserer Menge auftritt, dann aber auch, was wohl zu beachten ist im Blute (Scherer), vielleicht wegen mangelhafter Oxydationsprocesse zu denen der bei dieser Krankheit geringere Gehalt des Blutes an Hämoglobulin Veranlassung sein könnte. Meissner betrachtet in der oben citirten Abhandlung die xanthinartigen Körper gewiss mit vollem Recht als Hemmungsbildungen, ja dem Harnstoff gegenüber als Reste, welche abhängig sind von den Oxydationsprocessen in 1) Meissner: Beiträge zur Kenntniss des Stoffwechsels im thierischen Organismus. Zeitschrift für rationelle Medicin 1868, pag. 344. den Mutterstoffen und nach ihm unter gewissen Umständen auch gar nicht übrig bleiben ’)• Im normalen Organismus sind diese Reste gering, doch andrerseits nach den vorliegenden Erfahrungen constant und ihr Vorkommeu erstreckt sich, wie dieses auch von Meissner hervorgehoben wird, auf die meisten Gewebe und Organe. Meissner fügt noch hinzu: „in der That mit einigen ganz be- stimmten Ausnahmen.“ Bei seiner Aufzählung der xanthinartige Körper enthaltenden Organe findet auffallender Weise die Niere keine Berück- sichtigung und es könnte demnach fast erscheinen dass diese eine von jenen Ausnahmen mache. Ich finde jedoch, dass Cloetta schon Xanthin oder Hypoxanthin (er spricht sich darüber nicht entschieden aus) als Bestandteile des Nierensaftes gefunden hat, wie ich denn auch ferner sehe, dass Kühne in seinem Lehrbuch -) das Vorkommen des Xanthin und Hypoxanthin nach Städeler und Cloetta in der Ochsenniere, nach Neukomm in der menschlichen erwähnt. Ausserdem ist neuerdings von Neubauer aus normalem menschlichen Harn Xanthin dargestellt, freilich in äusserst geringen Mengen (aus 600 Pfd. ungefähr 1 Gnu.), so dass mir die Annahme gerechtfertigt erscheint, auch die Niere besitze jene Hemmungsbildung; denn anzunnehmen, dass jene Stoffe in die Niere eingeführt und abgelagert werden, dürfte kaum erlaubt sein; namentlich da wir die in weit grösserer Menge im Harne erscheinende Harnsäure, für welche die Löslichkeitsverhältnisse durchaus nicht günstiger erscheinen, keineswegs als constanten Bestandtheil des'Nierengewebes vor- finden. Der Meissner’schen Anschauung gemäss ist die Harnsäure bekannt- lich nicht als Product der Nierenthätigkeit anzusehen. Betrachten wir nun überall die mit andern Organen auch der Nieren- substanz zukommenden eigenthümliehen Producte3), so haben wir einmal jene schon genannten stickstoffhaltigen Körper: Das Hypoxanthin und das Xanthin, welchen Meissner mit Recht das Allantoin anreiht, und das er, wenn ich ihn recht verstehe, als normalen Bestandtheil des Harns ansieht. Meissner konnte dasselbe bei Carnivoren (Hunden, Katzen,) und Herbivoren (Kaninchen) nachweisen. An diese Körper Hesse sich einmal vielleicht noch die Oxalsäure an- schliessen, ebenfalls ein constanter Bestandtheil des Harns4), wenigstens in- sofern als man sich dieselbe aus dem Allantoin entstanden denken könnte, womit sie gleichzeitig Veranlassung zur Bildung eines Theils des im normalen und frischen Harn nachzuweisenden Ammoniakgehalts werden könnte. Andrerseits etwa noch das Kreatin, welches von Hermann und Kühne als normaler Bestandtheil des Nierengewebes nachgewiesen ist5), insofern seine Umwandlungsproducte den obigen Körpern in chemischer Beziehung nahe stehen. 1) Es ist liier nicht der Ort, weiter auf die Meissner’schen Anschauungen einzu- gehen ; daher Näheres in der citirten Schrift nachzusehen. 2) Die Originalarbeiten standen mir nicht zu Gebote. 3) Ich berücksichtige hier diejenigen nicht, welche nur bei ganz bestimmten Thieren Vorkommen, wie z. B. die Kynurensäure und das Guanin. 4) Kühne, Lehrbuch, p. 493. 5) Kühne, Lehrbuch, p. 463. Wir liaben ferner die schwefelhaltigen Körper das Cystin und Taurin, von welchen letzteres bisher nur im normalen Harn nachgewiesen, das Cystin aber unter Umständen auftreten kann. Cloetta sagt schon (1. c.) mit Recht: „Es scheint, dass das Cystin im Niederschlage (des Nierenextractes) nicht constant vorkommt und dass es in diesen Fällen durch das Taurin ersetzt wird, was bei der Aehnlichkeit beider Körper in Bezug auf elementare Zusammensetzung nicht unwahr- scheinlich ist.“ Die Betrachtung der Formeln ergibt, dass es sich nur um eine Oxyda- tion handelt, um das Cystin in Taurin überzuführen U3H7NSO, + 30 = U2H7NS03 + 00, Cystin. Taurin. Damit wäre gleichzeitig eine zweite Bildung des Taurins neben der aus Taurocholsäure gegeben. Das Cystin Hesse sich nach Cramer *) aber wiederum von Serin ableiten durch Substituirung von 1 Sauerstoffatoni durch 1 Schwefelatom. (H* ) (H* ) N €3H3e e2-N €3H3& e2 ( h2 ) ( h2 ) Serin. Cystin. Das Serin lässt sich entstanden denken durch Oxydation aus dem Sarkosin; dieses bildet sich aber neben Harnstoff* durch Wasseraufnahme aus dem Kreatin, für welche Umsetzung der leichteren Uebersicht halber die empirischen Formeln hier einen Platz finden mögen: 7N92 + 0 = 03H7N03 < Sarkosin. [/ Serin. e4H9N3e2 + h2o = 03h7no, + €h4n,o Kreatin. [/ Sarkosin. J Harnstoff. Daraus würde zunächst hervorgehen: Das Monamid der Isätliionsäure und das Diamid der Kohlensäure könnten aus einem Körper, dem Kreatin, entstehen, das erstere indirect, das letztere direct; weiter aber würde erhellen, dass auch diese schwefelhaltigen Körper Cystin und Taurin zu der vorigen Gruppe von Körpern in verwandtschaftlicher Beziehung ständen, womit nicht behauptet werden soll, dass sie sich nun auch wirklich nach,oben an- gegebener Weise im Organismus bilden. Meissner führt am obengenannten Orte aus, dass es nach den vielfach in neuerer Zeit gemachten Angaben dennoch grundlos sei anzunehmen, dass sich im Organismus Harnstoff aus Kreatin bilde. Meissner mag recht haben, dennoch ist es nicht wohl möglich über diesen Punkt wie überall über der- artige zunächst theoretisch gewonnene Umsetzungsweisen der physiologisch wichtigen Körper ein endgültiges Urtheil abzugeben; manches Mittelglied existirt vielleicht im Organismus, welches der Darstellung bis jetzt entgangen. 1) Cramer: Untersuchung der Seide und des thierischen Schleims. Dissert. Zürich, 1863. Arbeiten des Kieler physiolog. Instituts. 1868. Schliesslich haben wir noch ein Kohlenhydrat, den Inosit, der auf’s engste dem Traubenzucker verwandt ist und gewiss leicht aus demselben sich bilden wird, da es sich nur um eine Wasseraufnahme handelt. In der That zeigt sich auch Traubenzucker als normaler Bestandtheil des Harns sowohl der Carni- als Herbivoren (Brücke-Kühne). Derselbe kann allerdings als Fil- trationsproduct aufgefasst werden, da er sich ebenfalls im Blut nachweisen lässtf dass aber Inosit und Traubenzucker in einander übergehen können hat sich beim Diabetes gezeigt, bei welcher Krankheit diese Körper alter- nirend aufzutreten vermögen (Vohl'). Erwähnt ist endlich noch nicht das Leucin, welches neuerdings auch als normaler Bestandtheil des Nierensaftes angesehen wird2). Dasselbe ist noch nicht im normalen Harn gefunden und dürfte, da es immerhin ein gefährlicher Körper in Betreff seiner Entstehung ist, weitere Bestätigung abzuwarten sein; andererseits soll durchaus nicht geleugnet werden, dass es sich selbst oder eines seiner Zersetzungsproducte im Harn wiederfindet. An alle die in dem Nierensafte vorkommenden Körper richtet man die Forderung, dass dieselben auch als Bestandtheil des Harns wieder erscheinen. Diese Forderung kann aber, wie sich das schon aus dem oben Erwähnten ergibt, keine unbedingte sein. Ja theoretisch streng genommenen könnten wir annehmen, dass nicht einmal ein Repräsentant jeder der Hauptgruppen sich im Harne finde. Für die xanthinartigen Körper kennen wir als weiteres Oxydationsproduct den Harnstoff’, der ja sogar noch weiter zu kohlensaurem Ammoniak und Wasser zerfallen könnte. Wir kennen im Harne die Schwefelsäure, sie könnte als Zersetzungsproduct der schwefelhaltigen Körper aufgefasst werden. Gegen die Zersetzung der Kohlenhydrate zu Kohlensäure und Wasser wäre ebenfalls kaum etwas einzuwenden; wir haben beide im Harn. Wir wissen nun freilich, dass der Organismus nicht im Stande ist die Producte seiner Thätigkeit vollständig zu zersetzen. Gewiss aber haben wir im Organismus Plätze, die dem Verbrennungsprocesse mehr oder weniger günstig sind. Meissner (1. c.) betrachtet mit Recht die Leber als einen Ort, in dem der Stoffwechsel ein sehr reger ist. Nach seiner Ansicht würde in ihr der grösste Theil der U respective der U gebildet. Ich möchte der Leber die Niere als einen Ort gegenüber stellen, in welchem die Stoff- wechselprocesse nicht so lebhaft sind3) und suche den Grund dafür in der, wenn ich mich so ausdrücken darf, mehr mechanischen Aufgabe der Niere. Ihre Hauptthätigkeit ist die Filtration und es erscheint mir leicht ver- ständlich, dass in einem solchen fortwährend der Auswaschung ausgesetzten Organe die noch nicht zu Ende geführten Verbrennungsproducte in Lösung übergehen und* fortgespült werden. Daher finden wir denn auch im Harne die Körper wie sie im Nieren- 1) Archiv f. physiologische Heilkunde. N. F. Bd. 2. 1858. 2) Radziejewsky, das Vorkommen von Leucin und Tyrosin im normalen Körper. Virchow’s Archiv, 1866. 3) Für diese Anschauung scheint auch der Umstand zu sprechen, dass die höher oxydirten Körper Harnsäure und Harnstoff sich nicht in der Nierensubstanz selbst vor- finden, wenigstens durchaus nicht constant. gewebe vorhanden sind wieder vor. Die Hauptmasse derselben Körper, die in den übrigen Organen zusammen enthalten sind, werden auf ihrem weiten Wege zur Niere hin weiter zersetzt, um als andre Körper sei es als Harnstoff, Harnsäure etc., im Harne wieder zu erscheinen. Für den letzten Umstand scheinen mir auch pathologische Erfahrungen zu sprechen. Schon oben wurde erwähnt, dass bei der Leukämie Hypoxanthin in grösserer Menge auftritt. Es hat ferner Bartels 0, gestützt auf zahlreiche Untersuchungen, nachgewiesen, „dass eine Steigerung der Harnsäureausscheidung ohne gleich- zeitige Steigerung der Harnstoffausscheidung unter allen Umständen Folge einer unvollständigen Oxydation der Körpersubstanz sei.“ Ich verkenne nicht, dass meiner obigen Darstellung manche Lücke an- hängen mag, so unter andern der Nachweis des Taurins und Inosits im Harne der Fleischfresser. Von Cloetta ist bereits Inosit in der menschlichen Niere gefunden; be- stätigt sich das, so wäre kaum zu bezweifeln, dass es sich auch im Harne fände; denn Cloetta’s negativer Befund bei der Untersuchung von 4 Pfd. Menschenharn kann nichts beweisen. 1) Bartels: Untersuchungen über die Ursachen einer gesteigerten Harnsäure-Aus- scheidung in Krankheiten. Deutsch. Archiv f. klin. Medicin, Heft I.