Sonder-Ahdruck aus dem L. Bde. der Sitzungsb. d. kais. Akad. der Wissenschaften. Über den Verlauf der feinsten Gallengänge. Von E. Brücke, wirklichem Mitgliede der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. (Vorgelegt in der Sitzung am 9. December 1864.) In einer ausgezeichneten Abhandlung von Dr. Mac-Gillavry, betitelt: „zur Anatomie der Leber“ heisst es auf Seite 213, Bd. L. dieser Sitzungsberichte: „Andrejevic hat angenommen, dass, wo eine Blutcapillare verlaufe, keine Gallencapillaren auftreten, so dass, wenn die ersteren im Querschnitte getroffen werden, sie um- geben sind von einem Ringe von Gallencapillaren, dessen Radius dem Durchmesser einer Leberzelle gleich ist (die Lichtung der Blutcapillare als Punkt betrachtet)“. „In unseren Präparaten sieht man überall Blut- und Gallencapil- laren sich kreuzen und einander berühren. Am belehrendsten sind Querschnitte, wie sie in Fig. 5 wiedergegeben sind. Die Blutcapil- lare wird an diesen Stellen von einem Ringe des Gallensystems um- geben; der Radius dieses Ringes ist aber nur einem halben Zellen- durchmesser gleich. — Auch ist öfters der Ring excentrisch um das Blutgefäss gelagert, so dass die beiden Röhrchen einander berühren“. „Die betreffende Stelle in der Abhandlung von Andrejevic lautet: „Es verlaufen jedoch nicht auf allen Kanten der Zellen Gallencanäle. An den Kanten, welche einem Blutgefässe unmittelbar anliegen, finden sich keine, indem jeder kleinste Gallengang ohne Ausnahme ringsum von Leberzellen eingeschlossen ist. Eben so habe ich niemals einen Gallengang gegen ein Capillargefäss ver- laufen und an demselben blind endigen sehen. Zwischen den Kanten also, welche senkrecht auf die Wand eines Blutgefässes stossen, liegen auch keine Gallengänge. Hiermit hängt das charakteristische Aussehen zusammen, welches einerseits Schnitte zeigen, welche parallel mit der Oberfläche eines Lobulus geführt sind, andererseits solche, deren Schnittrichtung senkrecht dagegen gestellt ist. Wegen der länglichen Gestalt der Blutgefässmaschen sind in den Schnitten 2 Brücke. Über den Verlauf der feinsten Gallengänge. ersterer Art bei weitem die meisten Blutgefässe quer durchschnitten,, so dass sie als runde rothe Flecke erscheinen, welche von den zierlichen blauen Kränzen der Gallengänge umkreist werden. Bei den Schnitten dagegen, welche man senkrecht auf die Oberfläche des Läppchens gegen die Vena intralobularis hingeführt hat, sind die meisten Blutgefässe der Länge nach geschnitten. Man sieht sie hier wie parallele rothe Balken und zwischen ihnen die Leberzellen mit den polygonalen Maschen der blau injicirten Gallencanäle.“ Weder hier, noch an irgend einer andern Stelle sagt An- drej evic, dass der Abstand zwischen der Axe des Capillargefässes und den nächsten Gallencanälen einen ganzen Zellendurchmesser betrage. Man hat aber auch keine Veranlassung dies aus seinen Angaben zu schliessen. Man kann daraus nicht einmal schliessen, dass er einen halben betrage. Andrej evic spricht nur davon, dass an bestimmten Kanten die Gallengänge fehlen. Die Länge der Kan- ten aber der polyedrischen Leberzellen bemisst sich nur nach Bruchtheilen des Durchmessers derselben und beträgt im Allge- meinen weniger als die Hälfte. Es hängt das mit der grösseren Anzahl der Flächen zusammen, welche jede einzelne Zelle aufzu- weisen hat. Die Aussagen von Andrejevic sind so, wie er sie gemacht hat, vollkommen richtig. Der gegentheiligen Angabe von Dr. Mac-Gilla vry, dass die Röhrchen (Blutcapillaren und Gal- lengänge) einander berühren, kann ich in keiner Weise beipflichten. Seine Figur 5 ist vollkommen naturgetreu, aber, wenn man sie genau betrachtet, wird man selbst hier noch den Eindruck gewin- nen, dass, wo sich in der Zeichnung Blut- und Gaiiencapillaren berühren, dies nur in Folge der Perspective geschieht, dass sie in der Wirklichkeit in verschiedenen Ebenen lagen. Da mein junger Freund Dr. Johann Andrejevic durch einen frühzeitigen Tod dahingerafft ist und nicht mehr selbst für das richtige Verständniss seiner Arbeit Sorge tragen kann, so habe ich geglaubt mich derselben annehmen zu müssen. Aus der k. k. Hof- und Staatsdruckerei in Wien.