Enthalt die Literatur auch mehrere besondere Arbeiten und noch mehr gelegentliche Ausserungen tiber den histologi- schen Bau des Integuments der Analéffnung und der an- grenzenden Rektalpartie, so ist diesem Gegenstande bisher immer noch nicht jene ausfiihrliche und griindliche Bearbeitung zuteil geworden, die er vermége seines Interesses sowohl von rein histologischem wie auch von pathologischem Standpunkte verdient. In histologischer Beziehung kniipft sich das besondere Interesse an diesen Gegenstand, dass wir hier den Ubergang zweier verschiedener Epithelgattungen ineinander vor uns haben und gleichzeitig auch den unmittelbaren Ubergang von Epithel- gebieten, die ihrer Entstehung nach zwei verschiedenen Keim- blattem, dem Ektoderm und dem Entoderm, angehéren. In pathologischer Beziehung gentige es, auf die Hiamorrhoidal- erkrankung und auf den hier so hiufigen Mastdarmkrebs hin- zuweisen. Die letzte diesem Gegenstande gewidmete Arbeit ist die im Jahre 1901 unter Stiedas Leitung angefertigte Inaugural- dissertation von W. O. Braun‘). Sie ist zugleich, nebst der schon 1880 publizierten Abhandlung von G. Herrmann (Paris) ?), die ausfiihrlichste Untersuchung tiber unseren Gegen- 1) Braun, W. 0., Untersuchungen tiber dag Tegument der Analéffnung, Inaug. Diss. Kinigsberg 190). ®) Herrmann, G., Sur la structure de la muquense anale. Journ. de Panatomie et de la phys. Tome 16. p. 484. 1880, Anatomische Hefte. I. Abteilung. 147/148. Heft (49, Bd, H. 1/2) 20 306 ALBERT v. SZENT-GYORGYI, stand. Jedoch auch in diesen, sonst so trefflichen Arbeilten wird iiber mehrere wichtige Fragen kein Aufschluss gegeben. Ver- gleichen wir die verschiedenen Angaben tber unseren Gegen- stand in der Literatur, so finden wir, dass tiber mehrere Punkte Meinungsverschiedenheiten herrschen, so z. B. tiber die Frage, welche Epithelgattung die Zona columnaris auskleidet. Aus diesem Grunde schien eine erneute Untersuchung der histologi- schen Verhiltnisse der Analoffnung und der Pars analis recti angezeigt. Bei dem Priparicren meines Materials wurde meine Aufmerksamkeit auch durch einige makroskopische Verhiiltnisse der Mastdarmschleimhaut gefesselt, die mir bisher nicht ge- niigend beriicksichtigt zu sein scheinen und die auch ein kurzes Eingehen auf die makroskopische Anatomie der Mucosa des Rectum rechifertigen. Untersucht wurde eine gréssere Anzahl von Mastdairmen, die teils der Prosektur des hauptstidtischen St. Stephan-Spitales, teils dem Sektionsraum des Universitits-Institutes ftir gericht- liche Medizin entstammen. Davon musste allerdings ein grosser Teil wegen pathologischer oder postmortaler Veranderungen ausgeschieden werden. Mikroskopisch habe ich 20 Mastdirme untersucht, von welchen aber 5 ebenfalls ausgeschaltet werden mussten. Zur Fixierung der stets in ihrer natiirlichen Ausdeh- nung auf Wachsplatten mit Igelstacheln befestigten Stticke be- niitzte ich Bouinsche Lésung (concentr. Pikrinlésung 73, Formalin 25, Eisessig 5) oder 10% iges Formalin bei dreiligiger Einwirkung. Die Bouinsche Lésung gibt histologisch weitaus bessere Bilder, doch war das Formalin bei vorliegender Unter- suchung deshalb unentbehrlich, weil es hier vielfach auf mikro- skopische Messungen ankam und Formalin dasjenige unter unseren Fixiermitteln sein diirfte, das das natiirliche Volumen der Objekte am wenigsten verindert. Die Objekte wurden stets in Celloidin eingebettet. Zur Erhirtung des Celloidinblockes diente nach kurzer Behandlung mit Chloroformdampfen Ter- ry Zur Anatomie und Histologic des Teguments etc. 307 pineol, das den Vorteil hat, den Celloidinblock nicht nur zu harten, sondern gleichzeitig auch vollkommen durchsichtig zu machen, wodurch die Orientierung erleichtert wird. Zur makroskopischen Anatomie der Schleimhaut der Pars analis recti. Im folgenden soll keine erschépfende Beschreibung des Gegenstandes gegeben, sondern nur auf einige Punkte in ge- driingter Ktirze hingewiesen werden. Wir unterscheiden bekanntlich am Afterteil des Mastdarmes eme Zona cutanea, eine Zona intermedia und eine Zona colum- naris. Die Zona cutanea bildet zunachst den sich trichter- formig verengenden Zugang zum After; ein: Teil dieser Zone gehért aber schon dem geschlossenen Teil des Canalis analis (Symington)!) an. Thre Gegamitlinge betriégt 1,5 cm. Sie tragt makroskopisch alle Eigenschaften der Haut zur Schau. Ihr &usserer Teil ist gewOhnlich mehr oder weniger dicht be- haart, jedoch kann die Behaarung kaum sichtbar sein. Auch in dem schon dem geschlossenen Analteil angehérigen Abschnitt der Zona cutanea finden sich regelmdssig noch Haare, die aber hier nur mehr mit dem Mikroskop festzustellen sind. Am Lebenden ist die Haut dieser Zone infolge des Tonus des M. sphincter ani externus in grébere radiiire alten gelegt, inner- halb deren noch eine feinere Faltelung sichtbar ist. Nach innen, vdllig schon im Bereich der Pars analis recti, folgt die Zona intermedia, oder was sich damit deckt, der Anulus haemorrhoidalis von Waldeyer?). Die Breite dieser Zone betragt nach meinen Messungen, mit unbewaffnetem Auge betrachtet, durchschnittlich 12 mm. Auf Grund der mikro- 1) Symington, J., The rectum and the anus. The Journ. of Anat, Vol. 23. p. 106. 1888, 2) Waldeyer, Das Becken. Bonn 1899. p. 278. 20* 308 ALBERT v. SZENT-GYORGYI, skopischen Untersuchung méchte ich aber davon die zwei caudalen Millimeter noch in Abzug nehmen und der Pars cutanea zuteilen, da sich in diesem Gebiete noch feine Haare nachweisen lassen. So bleibt also fiir die eigentliche Pars inter- media eine durchschnittliche Breite von 1 cm. Die Breite dieses Gebietes scheint aber an den verschicdenen Partien des Um- fanges der Analpartie etwas verschieden zu sein, namentlich scheint sich die P. intermedia vorn etwas héher hinauf zu er- strecken als hinten. Das Tegument des Anulus haemorrhoidalis ist nur wenig pigmentiert, weich, rosafarbig und an dem auf- geschnittenen und flach ausgebreiteten Mastdarm ganz glatt oder nur mit einigen feinen Querrunzeln verschen'). Beim Lebenden weist die Zona intermedia aber mehrere Lingsfalten auf, die auf die Wirkung des M. sphincter ani internus zuriick- zufthren sind. Auch an den sagittalen Gefrierschnitten des Rectum sind diese Falten sch6n zu schen. Die Zona intermedia wird durch die festonierte Linea Sinuosa analis (Rauber) von der Zona columnaris getrennt. Letztere verdankt ihren Namen den bekannten M or- gagnischen Siulen, die mit verbreiterten Basalteilen an den Vorspriingen der Linea sinuosa entspringen, seichte Buchten der Schleimhaut, die Sinus rectales zwischen sich fassend. Falten und Sinus’ sind von Fall zu Fall sehr verschieden ent- wickelt; in seltenen Fallen vermisst man sie vollkommen, doch ist es in solchen Fallen nicht leicht festzustellen, ob es sich nicht etwa um die Folge vorhergehender pathologischer Vor- ginge handelt. Auf das Verhalten der Buchten soll im mikro- skopischen Teil nochmal zuriickgekommen werden. Die Zona columnaris hesitzt in einem grossen Teil der Fiille eine schon t) Darum haben ihr Robin und Cadiat den Namen ,,Zone cutanée lisse“ gegeben. Robin et Cadiat: Sur la structure et les rapports des téguments au niveau de leur jonction dans les régions anale, vulvaire et du col utérin. Journ. de l’'anat. et de la phys. 1874. p. 587. Zur Anatomie und Histologie des Teguments etc. 309 makroskopisch sichtbare obere Abgrenzung. Es ist dies die schon von Robin und Cadiat und von Herrmann be- schriebene Linea anorectalis. Sie stellt sich niemals alg scharf ausgesprochene Linie dar, sondern immer nur als undeutlicher Ubergang zweier verschieden gefirbter Gebicte der Schleimhaut ineinander, indem die Zona columnaris im normalen Zustande von leicht rétlicher Farbung ist, wahrend der weiter oben folgende Teil der Schleimhaut eine grau-weiss- liche Farbung aufweist. Mikroskopisch bedeutet die Stelle hiiulig den Beginn des Cylinderepithels, aber nicht immer. Die Grenzlinie wird durch etwas anderes hervorgerufen, namlich durch die hier auftretenden Lieberkiithnschen Krypten der Schleimhaut!). Hieraus wird uns auch der in der Mehrzahl der Fille verschwommene Charakter dieser Linic verstindlich, indem diese Krypten gewéhnlich nicht sofort in ihrer vollen Ausprigung auftreten, sondern, wie wir dies noch im mikro- skopischen Teil dieser Arbeit ausfithrlicher sehen werden, zu- nichst in radimentiirer Form und in Gestalt verstreuter Driisen, die sich nur ganz allmihlich zu einer zusammenhéingenden Driisenschicht verdichten. Die Entfernung der Linea anorectalis von der Linea sinuosa ist nicht konstant, da es’ vorkommen kann, dass sich die Driisen gleich nach dem Aufhéren des mehrschichtigen Epithels dichter zusammenordnen, waéhrend an anderen Priiparaten dies nur in etwas grésserer Entfernung von dem mehrschichtigen Epithel erfolgt. Das Vorkommen einer makroskopisch sichtbaren Linea anorectalis ist aber durchaus nicht als konstant zu bezeichnen; oft vermisst man jede Spur derselben. Die durchschnittliche Lange der Columnen, somit auch der Zona columnaris, betrigt zumeist nur 11 mm. Sie kénnen sich gelegentlich auch iiber die Linea anorectalis hinaus er- 1) Darum gaben Robin nnd Cadiat dieser Linie den so gut charakte- risierenden Namen: ,,ligne de la terminaison des glandes“. (Loe. cit.) 310 ALBERT v. SZENT-GYORGYI, strecken, so dass sich die Distanz zwischen den beiden Linien nicht immer mit der Héhe der Columnen deckt. Die mit 11 mm angegebene Linge der Columnen_ trifft nur fiir ihre Mehrzahl zu. Jonnesco?!) bemerkt, dass die ventromedian gelegene Columna, die Columna mediana, wie er sie nennt (Colonne rectale médiane), sich vor den anderen slets durch kriftigere Entwickelung und gréssere Linge auszeichnet. Ihre Linge betrigt nach diesem Autor etwa 4 cm. Durch he- sondere Stiirke ausgezeichnet ist diese Falte an ihrer Basal- partie. Nach meinen Befunden kommt das von Jonnesco beschriebene Verhalten nur etwa in einem Drittel der [Fille vor. Ein zweites Drittel umfasst die Fille, wo tiberhaupt keine der Falten besonders hervortritt, wihrend wir im letzten Driltel 2-4 Falten finden, die tiber die anderen verliingert sind, teils yorn und hinten in der Mittellinie gelegen, teils auf die seillichen Teile des Mastdarmes verteilt. Indessen kann auch der gréssere Teil der Columnen eine ungewéhnliche Liinge erreichen. Man kann also in einem Teil der Fille Columnae longae und Columnae breves unterscheiden. Die C. longae kénnen schwach oder kriiftig, oft auch verzweigt sein. Liegen sie vorn und hinten in der Mittellinie, so ist die vorn gelegene siirker als die hintere. Dieselbe tibertrifft an Stirke gewéhnlich alle tbrigen Falten. Uberschreiten wir die Anorectallinie, so gelangen wir in ein Gebiet, worin sich die Schleimhaut durch ihre verhiltnismassig faltenlose, glatte Beschaffenheit auszeichnet. Dic einzigen Er- hebungen sind dic wenigen verliingerten Columnae longae, falls sic tiberhaupt vorhanden sind. Ich méchte dieses Gebiet unter dem Namen Pars glabra als eine besondere Abteilung der Zona intestinalis einfiihren. Die Breite dieser glatten Partie schwankt gewodhnlich zwischen 1—3 cm. An der Oberfliche 1) Poirier, P., Traité d’Anatomie humaine. Publié sous la direction de P. Poirier. Tome quatrieme: T. Jonnesco. Appareil digestif. 1898. Zur Anatomie und Histologie des Teguments etc. 311 der Schleimhaut erkennt man bei niherem Zusehen schon mit unbewaffnetem Auge zahlreiche kleine porenférmige Offnungen. Im caudalen Gebiet dieser Zone sind sie nur sparlich vor- handen. Ihre Zahl und Grésse nimmt allmahlich nach oben zu, anfangs nur sehr sukzessiv, weiter oben ziemlich rasch. Es sei schon hier bemerkt, dass es sich hier, wie es im mikro- skopischen Teil meiner Arbeit ausfiihrlicher mitgeteilt werden soll, um kleine Vertiefungen der Schleimhaut handelt, die je einem kleinen Lymphfollikel der Schleimhaut entsprechen,. Sie moégen daher als Pori folliculares bezeichnet werden. Zahl und Weite dieser makroskopisch sichtbaren Poren schwankt in weiten Grenzen; nicht selten fehlen sie auch vollkommen. Sind sie gut entwickelt, so enifallen davon etwa 25 anf 1 cem. Jonnesco gibt fiir die Columnae longae an, dass sie sich nach einem Verlauf von 4 cm verlicren. Dies ist nach meinen Befunden nicht immer der Fall. Haufiger kommt es vor, dass sie, besonders die in der Mittellinie gelegenen, sich nicht verlieren, sondern jenseits der Pars glabra in eine andere Faltenformation tibergehen. Die meisten Hand- und Lehrbiicher der Anatomie be- gniigen sich damit, im Mastdarm die Morgagnischen Siulen und die Plicae transversales recti zu beschreiben und tun keiner anderen Falten Erwahnung. Untersucht man aber cine gréssere Anzahl von Mastdirmen, so findet man, dass die Schleimhaut des Rectum in der Mehrzahl der Fille, auch ab- gesehen von den beiden genannten Faltensystemen, in dem Gebiet oberhalb der Pars glabra ein recht gefaltetes Aussehen auiweist, vergleichbar etwa der Plicae gastricae des kontra- hierten Magens. Diese Falten zeigen einen iiusserst gewundenen, netzférmigen Verlauf, ohne Hervortreten einer bestimmten Richtung. Ab und zu, z. B. bei Merkel1), findet man dieser 1) Fr. Merkel, Die Pars ampullaris recti. In: Ergebnisse d. Anat. u. Entwickelungsgesch. Bd. 10. p. 524, 1900. cfr. p. 541. 312 ALBERT v. SZENT-GYORGYI, Falten allerdings Erwahnung getan, doch werden sie stets als solche Falten charakterisiert, die durch die Kontraktion des Mastdarmes bedingt sind und daher bei dessen Erschlaffung wieder verschwinden. Dieses trifft aber bei, weitem nicht fir alle Falle zu. In einem Teile der Fille fehlen die Falten aller- dings ganz, in anderen Fallen sind sie leicht verstreichbar, schwach entwickelt; dann begegnet man aber Mastdarmen, in denen die Falten auch noch lingere Zeit nach dem Tode immer noch als starke Vorspriinge vorhanden und nur bei Anwendung einer grésseren Kraft zum Verstreichen zu bringen sind, wo- bei sie sich aber wieder in ihrer friiheren Zahl und Anordnung einstellen, sobald man den Mastdarm wieder sich selbst tiberlisst. Der Eindruck, den ich nach der Betrachtung der zahl- reichen mir vorliegenden Priparate gewann, ist der, dass wir diese Plicae reticulares (Textfigur), wie ich sie nennen méchte, als eine konstante Erscheinung des Mastdarmes be- trachten kénnen, in demselben Sinne, wie die tibrigen Falten- bildungen. Absolut konstante Falten gibt es ja im Mastdarm tiberhaupt nicht, denn auch die unverstreichbaren Morgagni- schen Falten sind nicht selten kaum angedeutet, auch vermisste ich an einigen Praéparaten jede Spur selbst der Plicae trans- versales. Es ist aber tiberhaupt nicht leicht zu sagen, wie weit pathologische Vorgiinge, etwa Folgen einer lange bestehen- den Atonie, oder postmortale, die véllige Erschlaffung der ganzen Rectalwandung verursachende Momente hierbei im Spiele sind, denn ich will mit besonderem Nachdruck darauf hinweisen, dass sowohl die pathologischen, wie die postmortalen Vorgange das Aussehen des Rectum ungemein verindem kénnen. Da ich das Fehlen der Plicae reticulares am oftesten mit unverkennbaren Zeichen sonstiger Veriinderungen ver- bunden fand, so ist es mir sehr wahrscheinlich geworden, dass das Vorhandensein dieser Falten das normale, ihr Fehlen das Zur Anatomie und Histologic des Teguments etc. 313 abnorme, krankhaft oder postmortal bedingte Verhalten dar- stellt. Einige dieser Falten stehen manchmal betrachthch leistenférmig hervor und man kann sich recht gut vorstcllen, dass sie eingefiihrten Instrumenten ein Hindernis in den Weg stellen und mit ihrer verhiltnismissig festen Beschaffenheit Textfigur. Plieae reticulares und Pori folliculares des Mastdarms, unmittelbar oberhalb der Plica transversalis recti. zur Verletzung der Schleimhaut Veranlassung geben kénnen, Die Plicae transversales recti werden durch die Plicae reti- culares zum Teil tiberschritten. Jenseits der Plicae transver- sales erstrecken sich die beschriebenen Falten bis zur Grenze des Sigmoideum, wo sie sich entweder verlieren, oder aber die Grenze tiberschreitend, sich weiter hinauf verfolgen lassen. 314 ALBERT v. SZENT-GYORGY], Allerdings sind sie hier stets schon schwadcher als im Bereiche des Rectum 1). Die in der Pars glabra beschriebenen Pori folliculares setzen sich auch auf die weiter kranial gelegenen Teile des Mastdarmes fort, ja sie erreichen erst hier ihre volle Entwicke- lung (s. Textfigur). Die Lymphfollikel niémlich, denen die Ver- tiefung entspricht, vergréssern sich von der kranialen Grenze der Pars glabra an um das Doppelte, und jetzt bilden sie schon, was bisher nicht der Fall war, mit freien Augen sehr gut er- kennbare Hiigelchen, auf deren Scheitel sich die Einsttilpung befindet. Oft liegt statt der kraterférmigen Verliefung cine sich in ihrem Mittelteil vertiefende Furche vor, die mit den Furchen anderer Follikel zusammenhingen kann. Nicht nur die Grésse, sondern auch die Zahl dieser Solitérfollikel nimmt nach oben zu; ihren Hohepunkt erreichen sie in dem Gebiete, das sich zwischen 7—14 cm oberhalb der Linea sinuosa be- findet. Weiter kranial nehmen sie dann an Zahl und Grdésse allmiihlich wieder ab. In einer Entfernung von 16 cm von der Linea sinuosa hat sich ihre Zahl schon auf weniger als auf die Halfte verringert. Schon in Ellenbergers?) Darstellung finde ich diese Hiigelchen erwiihnt. Der genannte Autor gibt fir den Menschen als Breite der Vorspriinge 1,5—3 mm, als Tiefe der Pori 0,17—0,26 mm an. Ausser den makroskopisch sichtbaren sind auch solche vorhanden, die sich der Betrach- tung mit fretem Auge entziehen; es sind das besonders solche 1) Zur Ergiinzung unserer makroskopischen Erfahrungen miissten wir eigentlich auch die Darstellungen beriicksichtigen, die beziiglich des Verhaltens der Rectalschleimhaut beim Lebenden sich mit Hilfe der Rectoromanoskopie ergeben. Die engen Grenzen dieses Teiles meiner Arbeit gestatten aber das Eingehen auf diesen Gegenstand nicht. Es geniige ein Hinweis auf die Werke von Julius Schreiber: Die Rectoromanoskopie, auf anat. u. phys. Grund- lage. Berlin 1903 und A.Foges, Atlas der rectalen Kndoskopie. I. Teil, Wien 1909. IT. Teil 1910. 2) Ellenberger, W., Vergleichende mikroskopische Anatomie der Haus- tiere. Bd. 3. Berlin 1911. Zur Anatomie und Histologie des Teguments cte. 315 Follikel, die in der Tiefe einer Schleimhautfalte thren Sitz haben. Die Einstilpung am Scheitel des Hiigelchens fehit nie, selbst bei dem kleinsten makroskopisch sichtbaren Knétchen nicht. In der Entwickelung dieses lymphatischen Apparates herrschen grosse individuelle Unterschiede. Wie schon Sap- pey+#) bemerkt, kommen Fille vor, in denen die Follikel kaum zu bemerken ‘sind, in anderen Fiillen wieder bilden sie eine schr auffallende Erscheinung. Dieser makroskopisch und zum Teile allerdings nur mikroskopisch wahrnehmbare lymphatische Apparat stellt eine so auffallende Bildung dar, dass es eigent- lich zu verwundern ist, dass er die Aufmerksamkeit der Autoren bisher verhidltnismassig wenig auf sich gelenkt hat. Da der Charakterzug dieses Teiles des Rectums neben den Reticular- falten eben durch diese stark entwickelten, auffallenden Lymph- knétchen gegeben wird, méchte ich diese oberste Parlie des Rectums Pars follicularis nennen. Die pathologischen und postmortalen Verinderungen kénnen das Bild des lymphati- schen Apparates des Rectum in hohem Grade beeinflussen. Zum Schlusse méchte ich hervorheben, dass das Rectum derjenige Darmteil sein diirfte, der in bezug auf das makro- skopische Verhalten seiner inneren Oberfliiche vielleicht die grésste Variabilitat zeigt. Man wird gewiss viele Mastdirme finden, auf die die vorstehende Beschreibung nicht passt; sie will nichts weiter sein, als die Charakteristik des am hiufigsten anzutreffenden Verhaltens. 1) Sappey, Ph. C., Traité d’anatomie descriptive. Tome 4. p. 235. 1889. 316 ALBERT v. SZENT-GYORGYI, Histologischer Teil. Entsprechend den makroskopischen Verhaltnissen finden wir auch bei der mikroskopischen Untersuchung einen allmih- lichen Ubergang der dusseren Haut in die zarte Schleimhaut des Mastdarms. Die bei der makroskopischen Betrachtung unterschiedenen Zonen differieren aueh durch ihren mikro- skopischen Bau einigermassen, wozu aber zu bemerken ist, dass die Abgrenzung der einzelnen Zonen gegeneinander ge- wohnlich nicht scharf ist. (Ubersichtsbild der verschiedenen Zonen Fig. 1.) Die Zona cutanea (Fig. 2) weist den Bau der gewéhn- lichen Haut auf, mit dem Unterschied nur, dass die Verhor- nung eine geringere ist. Die Breite der Hornschicht nimmt gegen die Pars intermedia allmiéhlich ab; ihr Durchmesser betrigt im Mittel 25 ». Die Cutis weist in der Regel Papillen von ver- schiedener Héhe und Breite auf, so dass die durch sie ge- bildete Wellenlinie ziemlich unregelmiissig erscheint. Charak- teristisch ftir die Culis sind hier die zahlreichen Lymphzcllen, die wir in ihr finden. Immerhin lisst sich aber in dieser Be- ziehung der Mastdarm des Menschen bei weitem nicht mit dem mancher anderer Sdugetiere vergleichen, bei denen oft schon die Hautpartie des Mastdarmes ein férmliches lymphati- sches Organ darstellt. Die Lymphzellen finden sich am zahl- reichsten in den Papillen, etwas spérlicher im Stratum reti- culare, ziemlich zahlreich gruppieren sic sich um die gleich zu erwihnenden Talgdriisen, besonders zwischen den Alveolen. Es ist nicht leicht zu sagen, was der physiologische Zweck dieser periglanduléren Lymphzellenansammiung ist. Die Zona cutanea ist bis an ihre orale Grenze mit spéar- lichen zarten Hirchen besetzt, die schief, mit dem frei hervor- stehenden Teil oralwarts gerichtet, in die Haut eingepflanat Zur Anatomie und Histologic des Teguments ete. 317 sind. Zu den Haaren gehdren mitchtig entwickclte, unverhiltnis- miissig grosse Talgdriisen; sie gehéren zu den stirksten Glan- dulae sebaceae des Kérpers, wie dies schon Gay) hervor- gehoben hat. Gewdhnlich erscheint das feine Hirchen mit seiner Wurzelscheide gleichsam als ein Appendix der Driise. Der Driisenkérper besteht aus mehreren Alveolen, teils von rundlicher, teils von mehr linglicher schlauchférmiger Gestalt. 2/, des Driisenkérpers legen an der oralen Seite der Haar- wurzel, 1/, caudal. Ein Musculus arrector pili ist nur in Spuren nachzuweisen. Diese Glandulae circumanales sebaceae liefern allem Anscheine nach ein spezifisches, von dem gewOdhnlichen Hauttalg verschiedenes Sekret, ebenso wie die gleich zu be- schreibende zweite Driisengattung. Diese zweite Gattung besteht in den bekannten citrcum- analen Schweissdrisen (Fig. 2), zuerst ausfiihrlicher beschrieben von A. Gay (1. c.), mit dessen Namen sie oft auch bezeichnet werden. Ihre charakteristische Eigenschaft gegentiber den Schweissdriisen anderer Lokalitaten besteht erstens in ihrer Grosse, zweitens in dem weiten Lumen des ganzen Driisenschlauches, von der Ausmtindung an bis zum Ende des Kniiuels. Das Lumen kann ausnahmsweise bis zu 0,5 mm betragen. Mit dem weiten Lumen hingt wohl auch zusammen, dass der Knéuel gewéhnlich nur wenig Windungen bildet. Der Driisenkérper liegt in der Subcutis oder noch im Bereich der Cutis, sehr oft gerade unter einer Talgdriise. Der Ausfiihrungsgang windet sich mit leichten spiralférmigen Kriim- mungen nach der Oberfliiche hin. Auffallend ist die ver- schiedene Entwickelung dieser Driisen bei den einzelnen In- dividuen. Manchmal scheinen sie ganz zu fehlen, m anderen Fallen sind zwar Schweissdriisen vorhanden, aber nur solche kleinerer Gattung und nicht typische grosse Circumanaldriisen., 1) Gay, A., Die Circumanaldriisen des Menschen. Sitzungsber. d. K. Akad. d. Wissensch. in Wien, 2, Abt. Bd. 50. Jabrg. 1871. Marzheft. 318 ALBERT v. SZENT-GYORGYI, Hieraus erkliirt sich, dass einzelne Autoren, wie z. B. Hey- nold!) die Existenz der Circumanaldriisen in Zweifel ge- zogen haben. In der Regel beschriinken sich diese Drtisen auf die Zona cutanea. In einem einzigen der von mir wntersuchten Fille erstreckten sich die in diesem Falle besonders stark ent- wickelten circumanalen Schweissdriisen ein wenig in den Be- reich der niichstfolgenden Zone. Die Zona intermedia entspricht dem Gebiete des M. sphincter internus; man kénnte diesen Teil der Pars analis recti auch als Pars leiosphincterica bezeichnen, zur Unterscheidung von der caudal folgenden Pars rhabdo- sphincterica (M. sphincter ani externus), d. h. der Pars culanea. Die beiden Sphincteres, der innere und der iusscre, grenzen in den allerseltensten Fallen unmittelbar aneinander. Liegen auch ihre Enden nicht weit voneinander, so werden sie doch fast immer durch mehr oder weniger Bindegewebe von- einander geschieden (Ubersichtsfigur 1). Beziiglich des Sphincter externus sei hier noch nachtriiglich bemerkt, dass seine auf dem Querschnitt gewéhnlich oval erscheinenden Biindel sich dachziegelarlig zu decken pflegen, in der Weise, dass die Sussersten Biindel am weitesten entfernt von dem Integument der Pars cutanea zu liegen kommen und der ganze Muskel eine teleskopartige Anordnung zeigt, wobei aber die obersten Biindel immer noch 0,5 bis 1,5 mm entfernt von der Schleimhaut ihre Lage haben. Hingegen liegen beim Sph. internus die caudalsten Biindei am niichsten zur Oberfliiche des Darmes (durchschnitt- lich 1,2 mm weit), weiter nach oben treten sie unter Aus- bildung einer Submucosa mehr und mehr zurtick; im Gebiete der Morgagnischen Siéulen und der Sinus rectales geht 1) Heynold, H., Die Knaueldriisen des Menschen. Virchows Arch. Bd, 61. 1874. Zur Anatomie und Histologie des Teguments cte. 319 der Muskel dann ohne scharfe Grenze in die Cirkuliirschicht der Darmmuskularis itiber. Die Grenze resp. der schmale Zwischenraum zwischen dem ausseren und inneren Sphincter entspricht ziemlich genau so- wohl der makroskopischen wie der mikroskopischen Grenze der Zona cutanea und Zona intermedia. Makroskopisch spricht sich diese Grenze durch das Verstreichen der Radiirfalten der Hautpartie, durch den Beginn des schleimhautartigen glatten Charakters der inneren Oberflache aus, mikroskopisch besonders durch das verdnderte Verhalten der Culispapillen. Wihrend diese nimlich in der Hautpartie unregelmassig und ungleichférmig erscheinen, prigt sich hier mehr und mehr eine gleichmissige Beschaffenheit der Papillen aus. Wir haben hier ndmlich wohl etwas niedrigere, aber dichtere und vor allem in Form, Grésse und Anordnung regelmassiger gestaltete Papillen. Alle zeigen eine gleichmissig abgerundete Form und stehen ungefihr in gleichen Absténden; auch die Tiler zwischen ibnen zeigen eine abgerundete Gestalt. Ihre Hohe betraigt 0,06 bis 0,1 mm. So wird das Wellenbild der Papillargrenze zu einem sehr regelmiissigen. Im oralsten Fiinftel der Pars inter- media indert sich das Bild: allméhlich leitet sich schon hier das fiir die n&chste Zone charakteristische Verhalten ein: die Papillen stehen in weiten Abstinden, streckenweise erscheint die Grenze zwischen Epithel und Cutis ganz glatt, ohne Pa- pillen, die vorhandenen Papillen werden schlanker, sic strecken sich in die Linge, endigen oft zugespitzt, sind unregelmiassig angeordnet und von verschiedener Liinge. Ahnliche Verhiilt- nisse beschreibt Hebrant4) fiir den Mastdarm des Hundes. Natiirlich nimmt aber auch diese Partie des Integuments an den vielseitigen Variationen teil. Die Zona intermedia ist von einem geschichteten Platten- 1) Hebrant: Etude des glandes anales du chien. Annales de méd. vétérinaire. Déc, 1899. 320 ALBERT v. SZENT-GYORGYI, epithe] bedeckt (Fig. 3). Am aboralen Teil der Zone lasst sich sogar noch eine geringfiigige Verhornung der oberflichlichsten Schichten nachweisen. Sehr bald schwindet aber diese Horn- schicht und nur eine leicht gekérnte Beschaffenheit der ober- flichlichsten Schicht bleibt als letzte Spur des Verhornungs- vorganges zuriick; auch diese Erscheinung schwindet weiter oben. Das Epithel ist verhaltnismassig schmal; aboral betragt sein Durchmesser 110 p, weiter oben nur mehr 80 pn. In den tiefsten Schichten liisst sich noch etwas Pigment nachweisen. Haare und Schweissdriisen fehlen. Unter dem Epithel findet man eine aus kollagenen Biindeln locker zusammengefiigte Bindegewebsschicht, die man halb und halb schon Tunica propria mucosae nennen kénnte. Sie reicht zunichst gleichmiissig bis zu den Biindeln des Sph. internus, ohne dass man eine besondere Subcutis oder Submucosa unter- scheiden kénnte. In etwa 1/, der Falle vertritt eine Anzahl von Fettlippchen eine Submucosa. Im oralen Teil der Zona inter- media gelangt eine solche allmahlich zur Eniwickelung. Der Gehalt der Tunica propria an Lymphzellen erscheint gegentiber der Zona cutanea gesteigert, doch kann von einem eigentlichen lymphatischen Gewebe immer noch nicht die Rede sein. Auch fehlen besondere follikelartige Ansammlungen. Auch in dieser Zone findet man die Lymphzellen am zahlreichsten dicht unter dem Epithel, in der oberfliichlichsten Schicht der Cutis und in der Umgebung der gleich zu erwaihnenden freien Talgdriisen. Oral nimmt ihre Zahl um ein Geringes zu. Als Raritit findet man Fille, in denen die mikroskopischen Kennzeichen einer Zona intermedia ganz zu fehlen oder nur schwach ausgepriigt zu sein scheinen, indem die Papillen bis zu den Morgagnischen Sdulen ihr ftir die Zona cutanea charakteristisches Verhalten hbeibehalten, ja manchmal auch feine Harchen bis zur Linea sinuosa nachgewiesen werden kénnen. Zur Anatomie und Histologie des Teguments ete. 321 Ein besonderes Interesse beanspruchen die in der Zona intermedia nachweisbaren, nach Stiedat) zuerst von Ro- miti2) erwihnten freien Talgdriisen (Vig. 4). Sie finden sich nicht in jedem Mastdarm, wie das schon Braun auf Grund seines Untersuchungsmaterials hervorgehoben hat. Wahr- scheinlich entstehen sie auch nur in der Pubertiit. Die bis dabin daraufhin untersuchte Zahl von Mastdiirmen, auch wenn ich zu meinem Material das von Braun bearbeitete hinzu- nehme, gentigt noch nicht, um als Grundlage einer zuver- lassigen Statistik des Vorkommens dieser Driisen zu dienen, und so kann ich nur mit einem gewissen Vorbehalt als Prozent- zahl ihres Erscheinens die Zahl 50 hinstellen. Diese Zahl wiirde der Hiufigkeit der freien Talgdriisen der Mundschleim- haut entsprechen. Uberhaupt scheinen zwischen den beiden freien Talgdriisenarten, den labialen und den analen, Analogien vorzuliegen, wie das ‘schon Stieda hervorgehoben hat. Nach Stiedas Ausfiihrungen sind ftir alle Stellen, wo die Haut in die Schleimhaut tibergeht, solche Driisen charakteristisch und er fihrt als weitere Beispiele die Priputialdriisen, die Driisen der kleinen Schamlippen und gewisse Driisen der Regio vestibularis nasi an. ‘Die Driisen sind, auch wo sie noch verhiltnismassig am besten entwickelt sind, in sehr spirlicher Zahl vorhanden, weit verstreut, nicht weit unter der Oberfliche. In betreff ihrer Grésse bleiben sic weit hinter den michtigen Talgdriisen der Pars cutanea zuriick. Sie bestehen aus einigen rundlichen oder Hinglichen Alveolen, die sich in emem gemeinsamen Aus- fiihrungsgang vereinigen, in anderen Fallen aber aus einigen leicht gekriimmten, schlauch- oder fingerférmigen Driisen- 1) Stieda, L., Das Vorkommen freier Talgdrtisen am menschlichen Kérper. Zeitschrift f. Morph, u. Anthropologie. Bd. 4. p. 448. 1902. 2) Romiti, Trattato di Anatomia dell’uomo. Vol. 2. p. Va. Splancno- logia. Milano. p. 195. 1902. Anatomische Hefte. I. Abteilung. 147/148. Neft (49. Ba, H. 1/2). 21 32 bo ALBERT vy. SZENT-GYORGYI, siickchen, so dass eine Verwechslung mit einer Schweissdriise moglich wiire, wenn die Beschaffenheit der Driisenzellen und der Mangel eines Lumens den Charakter der Driise nicht klar- stellte. Der Durchmesser der Alveolen schwankt zwischen 0,05 und 0,6 mm. Einen Musc. arrector habe ich nicht nachweisen kénnen. Der Ausfithrungsgang 6ffnet sich mit einer sehr feinen Offnung und da auch der Driisenkérper selbst sehr klein ist, ist es — abweichend von den Verhiltnissen der freien Talg- driisen der Lippen — nicht méglich, mit freiem Auge diese Bildungen zu erkennen. Ihre Gegenwart ist nur mittels mikro- skopischer Untersuchung festzustellen und so ist es auch nicht zu erwarten, dass jemals so ausgedehnte statistische Zahlen uber die Haufigkeit ihres Vorkommens vorliegen werden, wie ither die Talgdriisen der Lippen- und Wangenschleimhaut. Manchmal erscheint eine oder die andere Driise schon in den Bereich der Zona columnaris verlagert, indem ihr Aus- fiihrungsgang schon in einen der Simus rectales, unter einer Valvula miindet; dies ist aber ein Ausnahmefall, gewohnlich ist ihr Sitz weiter unten und mit dem Einsetzen der Mucosa analis héren diese Drtisen auf. Die Linea sinuosa analis, wie die obere Grenze der Zona intermedia bezeichnet wird, stellt auch mit Riick- sicht auf den mikroskopischen Bau eine wichtige Grenzmarke dar. Man-kann mit Herrmann den Anfang der Mucosa auf diese Linie setzen. Es ist aber noch nicht die eigentliche Darm- mucosa, die hier beginnt, sondern die ,,Analmucosa“, wie man sie mit dem eben genannten Autor bezeichnen kann. Makroskopisch sind fiir die hier beginnende Zona columnaris, wie bekannt, die Morgagnischen Siulen und die zwischen ihnen befindlichen Sinus rectales charak- teristisch. Beziiglich der Siulen begegnen wir vielfach der Be- hauptung, dass sie durch besondere Liingsbiindel glatter Muskel- zellen, lokale Verstirkungen der longitudinalen Schicht der Zur Anatomie und Histologic des Teguments ete. 323 Muscularis mucosae, hervorgerufen werden. An der dusseren Grenze der Siulen sollen diese Biindel, deren Gesamtheit Kohlrausch M. sustentator tunicae propriae, Ridinger M. dilatator ani nennt, aufhéren. Die Sinus sollen nach diesen Autoren keine longitudinalen Muskelfasern in sich schliessen. Auf Grand des Studiums meiner Praparate kann ich die Existenz solcher besonderer Muskelbiindel in den Columnen nicht anerkennen. Die Musc. mucosae erscheint im Vergleich zu den weiter oben gelegenen Teilen des Mastdarmes im Be- reich der Zona columnaris tiberhaupt schwach entwickelt, sehr oft lasst sie sich gar nicht mehr bis zur unteren Grenze dieser Zone verfolgen. Ist sie auch vorhanden, so zeigt sie im ganzen Umkreis des Darmquerschnittes ein gleichmissiges Verhalten, d. h. sie ist eben so stark in den Columnen wie zwischen ihnen. Das Hervortreten der Columnen wird nicht durch Muskel- biindel, sondern lediglich durch Verdickung der Tunica propria mucosae bedingt. Beziiglich der zwischen den Basalteilen der Morgagni- schen Siiulen befindlichen Sinus rectales seien hier noch einige Angaben eingeschaltet, die halb und halb noch in das makroskopische Gebiet gehéren ; ich bringe sie hier zur Sprache, weil ein guter Teil dieser Verhiiltnisse nur an mikroskopischen Liingsschnitten — allerdings schon mit Lupenvergrésserung — festgestellt werden kann. In der Mehrzahl der Falle stellen sich die Sinus rectales als schwache Vertiefungen dar. Dem ist aber nicht immer so. Die bogenférmigen Verbindungslinien zwischen den Mor- gagnischen Séiulen kénnen manchmal wulstig oder klappen- artig hervorstehen (s. Ubersichtsfigur 1), so dass sie den thnen schon von dem alten Anatomen Glisson beigelegten Namen Valvulae semilunares wirklich verdienen und unter ihnen férm- liche Buchten entstehen, von franzésischen Autoren auch ,,Nids de pigeon“ bezeichnet. An den mikroskopischen Schnitten sieht 2i* 324 ALBERT v. SZENT-GYORGYI, man, dass diese Buchten ihrerseits den Ausgangspunkt noch kleinerer sekundirer Einstitlpungen, ja férmlicher Ginge bilden kénnen, die in caudaler Richtung in die Schleimhaut hinein- dringen. Es handelt sich nicht etwa um Driisenginge, sondern um blind endigende Vertiefungen der Mucosa (Fig. 5). Wir haben es hier mit schon lange bekannten Tatsachen zu tun, denn schon Morgagni hat diese Giange, die er als Cani- culi bezeichnet und mit der Sonde untersucht hat, beschrieben. Herrmann fasst sie unter dem Namen von ,,Dépres- sions", Braun unter dem von Sinuo sitaten zusammen. Es liegt auf der Hand, dass diesen Verhiltnissen cin praktisches Interesse zukommt. Die Buchten stellen sich den Fakalmassen entgegen, und werden ihre Miindungen durch ein- gedrungene Kotteile verstopft, so kénnen sie etwa den Sitz von Retentionscysten bilden. Auch kann man im Sinne der Ausfiihrungen v. Lenhosséks 14) daran denken, dass sie durch die sich in ihnen stauenden Kotteile den Ausgangspunkt von Reizzustinden, entztindlichen Vorgiingen der Mastdarmschleim- haut, eventuell auch Hamorrhoiden bilden kénnen. Dass dics nicht hiufiger der Fall ist, ist wohl daraus zu erkliren, dass sie im Leben wohl selten ein offenes Lumen haben, sondern ihr Hohlraum gewéhnlich durch Schleim und abgeliste Zellen bis zur Mtindung ausgefiillt ist. Die Form, unter der diese Morgagnischen Canaliculi auftreten, ist verschieden. Hiéufig liegt ein cinfacher Fpithel- schlauch vor, der sich am éftesten in caudaler Richtung in die Tiefe senkt (Fig. 6), manchmal sogar in das Gebiet der cirkuléren Muskelschicht hinein, und der leicht verdickt und unverastelt, oder nur in einige Aste geteilt endigt. Eine andere Form besteht in einem weiteren, spaltférmigen, in der Quer- 1) v. Lenhossék,M., Zur Atiologie und Prophylaxis der Himorrhoiden. Deutsche med. Wochenschr. 1912, p. 1044. Zur Anatomie und Histolugie des Teguments ete. 325 richtung des Darmes gelegenen Diverticulum, von dem mehrere kleine Ginge ausgehen. Wenn wir das Epithel der Zona columnaris ins Auge fassen, so ist hervorzuheben, dass diese Zone fast in ihrer ganzen Ausdehnung, mit Abrechnung etwa des obersten Millimeters der Morgagnischen Siulen, das schon charak- teristisches Darmepithel zeigt, von einem mehrschichtigen Epithel bekleidet ist, doch ist der Charakter dieses Epithels von Stelle zu Stelle verschieden. Drei Epithelsorten wechseln: mehrschichtiges Platten-, Cylinder- und kubisches Epithel. Letzteres dient stets als Ubergangsform zwischen den beiden— ersten Epithelgattungen. Uber dic réumliche Anordnung des mehrschichtigen Platten. und Cylinderepithels hat Herr- mann) die Regel aufgestellt, dass die oberflachlich, exponiert liegenden Gebiete der Schleimhaut stets Plattenepithel, die ver- borgen, geschiitzt liegenden Teile Cylinderepithel aufweisen. Auf Grund meiner Untersuchungen kann ich dicse Angaben im grossen und ganzen als richtig bezeichnen, mit dem Vor- behalt allerdings, dass es sich nicht um eine Regel ohne Aus- nahme handelt. Entsprechend dieser Regel lasst sich im all- gemeinen sagen, dass die Firsten der Morgagnischen Sdulen von Plattenepithel, die Tiefe der dazwischen gelegenen Sinus rectales von mehrschichtigem Cylinderepithel bekleidet sind. In den Zwischengebicten, namlich auf den seitlichen Abhingen der Morgagnischen Sdulen, findet sich mehrschichtiges kubisches Epithel. Ich will hier gleich bemerken, dass man von diesem Ver- halten auch Ausnahmen findet. Es begegnen uns Falle, in denen auch die Sinus eine Plattenepithelauskleidung zeigen. Es scheinen mir dies hauptsichlich Falle zu sein, in denen die Sfiulen schwach entwickelt sind, in denen also die Sinus 1) Tournenux ef Herrmann, Recherches sur quelques épithéliums plats dans la série animale. Journ. de PAnatomie et de la Phys. p. 199. 1876. 326 ALBERT v. SZENT-GYORGYI, eine exponiertere Lage haben als gew6hnlich. Man muss hier- bei auch an die Wirkung mechanischer Verhaltnisse denken, indem ,,geschiitzte* Lage gleichzcitig eine Zusammendrangung der Epithelzellen, ,,exponierte’’ Lage eine Ausdehnung der- selben mit sich bringt. Das mehrschichtige Plattenepithel der Columnen (Fig. 7) ist die direkte Fortsetzung des Epithels der Zona intermedia. Am Anfangsteil der Siiulen ist dieses Epithel hoher als weiter oben. An seiner héchsten Stelle besteht es gewodhnlich aus 10—12 Zellenschichten, doch kann diese Zah! auch 15 be- tragen. Die Zellen sind scharf gegeneinander abgegrenzt, mit deutlichem, leicht farbbarem Kern. Die oberfliichlichen Zellen sind stark abgeplattet, jedoch ohne Spur einer Verhornung. In der Mitte liegen polyedrische, grosse Zellen, in der untersten Schichte kleinere, cylindrische, senkrecht gestellte Epithel- zellen. In oraler Richtung nimmt die Zahl der Schichten rasch ab; sie reduziert sich auf 5—6 und diese Zahl bleibt dann lings der Morgagnischen Sdulen erhalten. Die Abplattung der oberflichlichen Schichte wird allmihlich weniger aus- gesprochen. Die mittleren Zellen sind kleiner als auf den Basal- teilen der Saulen. Die Zellgrenzen sind weniger scharf. Pigment fehlt in der ganzen Ausdehnung der Zone. Als durchschnittliche Dicke des Epithels kann ich 165 » angeben. Das geschichtete Cylinderepithel der Sinus rectales (Fig. 8) ist etwas diinner als das Plattenepithel der Firsten: seine Dicke betragt héchstens 150 uw. Zumeist besteht es aus 4—5 Zellen- schichten. Unter den oberflichlich stehenden Cylinderzellen folgen mehr polyedrische Elemente, zu unterst kleine runde oder ovale, zumeist senkrecht gestellte Zellen. Die Cylinderzellen der oberflachlichen Schichte sind von verschiedener Linge, manchmal nihern sie sich der kubischen Gestalt. Es schien mir, als bestiinde ein Zusammenhang zwischen der mehr oder weniger geschtitzten Lage der Epithelstrecke und der Form Zur Anatomie und Histolugie des Teguments etc. 327 der Zellen in dem Sinne, dass die geschiitztere Lage auch eine ausgesprochenere cylindrische Form der Zellen bedingt. Auf der Oberfliche weisen die Zellen eine zarte, aber bestimmt erkennbare Cuticula auf. Becherzellen habe ich in diesem Teil des Epithels nicht gefunden. Als Uhergangsformation zwischen den beiden Epithel- gattungen tritt ein geschichtetes kubisches Epithel auf, das man hauptsichlich auf den seitlichen Abhangen der Mor- gagnischen Siulen, teilweise auch schon in den Sinus findet. Es unterscheidet sich von dem Cylinderepithel nur durch die abweichende kubische Gestalt der oberflachlichen Zellenschicht. Die Grenze zwischen Epithel und Tunica propria ist in einem Teil der Falle vollig glatt, d. h. Papillen fehlen voll- kommen. In anderen Fallen sind solche vorhanden, doch be- schrinken sie sich stets, wie schon Herrmann richtig an- gibt, auf das Gebiet des Pflaster- und kubischen Epithels, fehlen dagegen im Cylinderepithelgebiet. Am haufigsten he- gegnen wir den Papillen in der Nahe der Linea sinuosa. Sie sind von schmaler, spitziger Form, etwa 0,1 mm hoch. Das Epithe] wuchert manchmal in Form plumper, sehr mannig- faltig gestalteter Zapfen in das Bindegewebe himein. Unter den sehr verschiedenen Formen, die diese Epithelzapfen zeigen, finden sich auch solche, die an Talgdriisen erinnern, so dass es manchmal einer genauen Untersuchung bedarf, um fest- zustellen, dass es sich nicht um solche, sondern um einfache Einsenkungen des Epithels handelt. Wie hoch reicht das geschichtete Epithel der Zona colum- naris hinauf? Ich habe diesem Punkte besondere Beachtung geschenkt, und u. a. an den Mastdérmen, noch vor ihrer mikro- skopischen Verarbeifung, besondere Grenzmarken an der Schleimhaut in bestimmten Abstinden angebracht, nur um ganz sicher zu gehen, und besonders um den durch die Schrumpfung der den Reagenzien unterworfenen Objekte ver- 328 ALBERT v. SZENT-GYORGYL, anlassten Téuschungen vorzubeugen. Durchschnittlich ist die Breite dieses Gebictes 9,5 mm, also nicht ganz 1 cm, doch kann sich das geschichtele Epithel eventuell noch weiter hinauf, in der Ausdehnung von 16 mm erstrecken. Selten kommen Palle vor, wo das geschichlete Epithel schon einige Mulimeter nach der Linea sinttosa aufhérl. Awischen den Siiulen und den dazwischen befindlichen Gebieten habe ich in bezug auf die Ausdehnuny des geschichleten Epithels nach oben keinen Unterschied konstatieren kénnen; die Epithelgrenze stellt ringsum eine im ganzen und grossen gerade, wenn auch nicht regel- mdssige Linie dar. Die Morgagnischen Séulen, auch die Columnac breves, reichen mit ihren obersten Enden, wie schon erwihnt, iiber das Gebict des geschichteten Epithels etwas hinaus; thr verslreichendes nde weist schon einschichtiges Cylinderepithel auf. Die Glissonschen Valvulae semilunares sind auf ihren beiden [lichen, auch auf der den Sinus zugekehrlen, noch vou dem geschichleten Plaltenepithel der Zona intermedia bedeckt. Ich konune nochmals auf die schon cinmal erwihnten Sinuosititen der Sehleimhaut im Bereich der Sinus rectales zurtick. Liegt ein einfaches niedriges Blindsiickchen vor, so weisl es dic typische Epithelbekleidung der betreffenden Stelle des Sinus Morgagni auf; entspricht die Verticfung z. B. einem seithehen, unmittelbar neben den Morgagnischen Siulen befindlichen Abschnill der Sinus, wo das Epithel noch ein kubisches ist, so wird auch die sekundiire Verticfung ein der- artiges Mpithel zeigen. Senkt sich der Blindsack etwas tiefer ein, so ist er slets, wo immer er auch seinen Sitz hat, von geschichtetem Cylinder- epithe! ausgekleidet, dessen Schichlenzahl 2--4 betragt (Vig. 6). Diese Gattung der Sinuosititen pflegt selten veristelt zu sein, gewohnlich endigt der Blindsack, oft auch inmitten der Biindel Zur Anatomie und Histologie des Teguments ete. 329 des M. sphincter internus, abgerundet, hiufig alveolenartig er- weitert. Der Durchmesser dieser Art der Sinuosititen betragt zumeist 250-—300 p. Die oberflichliche Lage des Epithels be- steht aus ziemlich schlanken, hohen Cylinderzellen, die sehr regelmissig in Reih und Glied stehen; auch die tiefere kubische oder polygonale Zellenschicht zeichnet sich durch regelmassige Anordnung aus. Die nachtsfolgende Gattung der Sinuositaten unterscheidet sich von der vorhergehenden nur dadurch, dass der schlauchférmige Blindsack einige Mal verastelt ist; auch hier besteht die Auskleidung stets aus cylindrischem Epithel. Die letzte Gattung umfasst die Fille, wo sich cin etwas weiterer Recess findet (Fig. 5), von dessen Boden mehrere sekundire Ausbuchtungen ihren Ursprung nchmen. Der Haupt- recess, der gew6hnlich bis zur unteren Grenze des M. sphincter reicht, ist mit sehr verschicdenem Epithel bedeckt; am hiufigsten weist seine der Valvula Glissoni zugekehrie Hilfte Plattenepithel, ihre orale Hilfte Cylinderepithel auf. Die sekun- diren Ausstiilpungen stellen sich als schmale veristelle Ginge dar, zum grésseren Teil oral, zum kleincren caudal gerichtet; sie sind stets mit zwei- bis dreischichtigem cylindrischen Epithel ausgekleidet (Fig. 9). Hier begegnen wir auch haufig Becherzellen zwischen den cylindrischen Elementen. Gegen ihren Fundus hin reduziert sich ihre Epithelauskleidung haiufig zu einer einzigen Cylinderzellenschicht. Ein haufiger Befund ist, dass das untere Ende dieser Ginge von eincm kleinen lymphatischen Knétchen umfasst erscheint. Ms kann dies auch in solchen Fallen vorkommen, wo der Gang sich mit seincm Endteil in den Bereich der Zona intermedia hineinerstreckt. In diesem Falle enthalt also auch die letztgenannte Zone aus- nahmsweise ein kleines Lymphknétchen. Indessen kénnen solche Ginge auch direkt von der Oberflache ausgehen. Herrmann beschreibt, dass sich in diese Depressionen Lieberkith nsche Drtisen 6ffnen kénnen. Braun bezweifelt 330 ALBERT v. SZENT-GYORGY]I, die Richtigkeit dieser Angabe und meint, dass hier eine Ver- wechslung mit den oft schlauchf6rmigen sekundiéren Epithel- einstiilpungen vorliegt. Auf Grund meiner Beobachtungen muss ich mich in dieser Frage entschieden Herrmann anschliessen, indem ich die von diesem Forscher beschriebenen Lieber- ktihnschen Driisen auffand, aber nur im Anschlusse an die an dritter Stelle beschriebenen weiten recessartigen Depres- sionen. . : Ausserdem beschreibt Herrmann noch kleine acinése, teilweise den Lieberkiihnschen Krypten gleichende Driisen, die in die Depressionen miinden und ihnen traubenférmig von der Tiefe her aufsitzen sollen. Braun vermisste diese Drtisen vollkommen. Was meine eigenen Erfahrungen betrifft, so erhielt ich in zwei Fallen in der Tat Bilder, auf die ich Herrmanns Angaben beziehen médchte: acinés erscheinende Driisen- sickchen, zu mehreren nach einem Punkt hin orientiert, teils in eine Depression, teils direkt auf der Oberflache an einer anderen Stelle miindend. Nach meinem Dafirhalten handelt es sich hier aber kcineswegs um eine besondere Driisengattung, sondern um rudimentire Lieberktthnsche Driisen. Kinen wenn auch nicht ganz konstanten, aber doch sehr haufigen Befund bilden in der Zona columnaris Lieber- kiihnsche Krypten von etwas rudimentirer Form, Vor- laufer der typischen Glandulae intestinales der weiter oben folgenden Mastdarmpartien. Sie zeigen in ihrer Zahl und An- ordnung betrachtliche individuelle Schwankungen. Sie kénnen —- wie in dem oben erwihnten Falle — schon im Bereich der Sinus rectales resp. der von ihnen ausgehenden Epithelaus- stiilpungen vorkommen, gewoéhnlich treten sie aber erst in den oralen Teilen der Columnarzone in die Erscheinung. Man findet sie verstreut in grésseren Abstinden voneinander, als kurze enge Schlauche oder mehr alveolenartige, mit weitem offenen Lumen versehene Bildungen, oft auch in zwei, selten in drei, Zur Anatomie und Histologie des Teguments ete. 331 noch seltener in vier Aste geteilt, gew6hnlich nicht senkrecht in die Tiefe dringend, sondern schief gestellt, manchmal auch parallel mit der Oberflache gelegen und erst an der Miindung in die senkrechte Richtung umbiegend. Herrmann hat diese Driisen als ,,Glandes intestinales erratiques* bezeichnet, eine Bezeichnung, dic ich mit Braun fiir unzutreffend halte, da es sich nicht um Driisen handelt, die sich an einen falschen Ort verirrt haben, sondern um die ersten, randstindigen Exemplare der weiter oben sich dann allmablich in ihrer typischen Anordnung einstellenden Lieber- kiihnschen Krypten. Die Tunica propria mucosae der Zona columnaris ist in der caudalen und oralen Abteilung dieser Zone etwas ver- schieden. Caudal schliesst sic sich in ihrem Bau an die Zona intermedia an, d. h. sie besteht aus unregelmassig angeord- neten, locker gefiigten Bindegewebsbiindeln. Weiter oben wird die Anordnung der die Tunica propria bildenden Bindegewebs- fasern allmihlich eine regelmassigere. Gleichzeitig tritt dicht unter dem Epithel eine fiir die weiter oben folgenden Teile des Mastdarmes charakteristische schmale hyaline Lage in die Erscheinung. In den Columnen erscheint das Bindegewebe ver- mehrt und zeigt kraftige, der Linge nach verlaufende Ziige. Diese kollagenen Langsbiindel, und nicht etwa Verstirkungen der Muscularis mucosae sind es, die das Hervortreten der Morgagnischen Siulen veranlassen. Die Muscularis mucosae reicht gewohnlich bis zur Linea sinuosa hinunter, doch kann sie sich einerseits noch etwas weiter, in das Gebiet der Zona intermedia erstrecken, andererseits -- dies ist der hiufigere Fall — schon etwas frither, noch vor der Linea sinuosa verlieren. Im ganzen Bereich der Cotumnarzone erscheint die Tunica propria und auch die Submucosa reichlich von Lymphzellen durchsetzt, am reichlichsten dicht unter dem Epithel, resp. der 332 ALBERT v. SZENT-GYORGYL, darunter befindlichen hyalinen Lage. Auch in der Umgebung der Sinuositiiten erkennt man eine Vermehrung der Lymph- elemente. Hier zuerst sehen wir stcllenweise eine derartige Zusammendringung der Lymphzellen, dass schon von kleinen Lymphknétchen der Schleimhaut gesprochen werden kann, aller- . dings noch ohne das charakteristische Centrum germinativum. Die Haiufchen sind manchmal schon makroskopisch zu jerkennen, indem sie als weissliche Punkte durch das Epithel hindurch- schimmern. Auf die Zona columnaris folgt dann oral die eigentliche Darmschleimhaut oder die Zona intestinalis. Ihr erster Teil wurde im makroskopischen Abschnitt dieser Arbeit mit Riicksicht auf die relativ glatte Beschaffenheit ihrer inneren Oberflache als Pars glabra bezcichnet. Epithelgrenze und Be- ginr. der Pars glabra decken sich, wie schon hervorgehoben, in den meisten Fallen nicht; das Cylinderepithel beginnt ge- wéhnlich schon im Bereich der oralsten Partie der Morgagni- schen Falten. Bezeichnend fiir dic intestinale Zone ist vor allem das einschichtige cylindrische Epithel, wie es fiir den ganzen Dick- darm charakteristisch ist. Der Ubergang der beiden Epithel- sorten ineinander erfolgt plétzlich, die tibereinander gelagerten Schichten des Analepithels reduzieren sich sehr rasch in eine einzige Zellenlage, ohne dass man angeben kénnte, welche Schichten des mehrschichtigen Epithels aufgehért haben und welche Schichte sich in das Cylinderepithel fortgesetzt. hat. Das zweite Charakteristikum der Intestinalzone besteht in der Gegenwart der Lieberkiihnschen Krypten, die aller- dings, wie wir hérten, in spirlichen atypischen Exemplaren und auch nicht konstant schon in der vorhergehenden Zone in die Erscheinung treten. Sie erscheinen in der Intestinalzone nicht sofort in ihrer normalen Dichtigkeit. Erst in einer Entfernung von 6-—-10 mm Zur Anatomie und Histologie des Teguments etc. 333 vom Beginn des einschichtigen Cylinderepithels nehmen sie ihre typische gedrangle Anordnung an, entweder plétzlich oder sukzessive. Manchmal weisen sie auch noch weiter oben eine lockerere Anordnung auf. Im aboralen Teil der Zona glabra erscheint gew6hnlich — im Zusammenhange mit ihrer spér- lichen Zahl — auch ihre Form noch etwas rudimentir. Sie sind kiirzer, enger, schiefer gestellt als die normalen Krypten, oft auch in zwei oder drei Aste geteilt; manchmal begegnet man Driisen, die nicht enger, sondern im Gegenteil weiter sind als die véllig entwickelten Krypten, ja sie kénnen sich zu formlichen kleinen Siickchen erweitern. , Die oberhalb der Pars glabra folgende Partie der Zona intestinalis isst sich — wie wir im makroskopischen Teil hérten — unter Hervorhebung eines charakteristischen Kenn- zeichens als Pars follicularis bezeichnen. Verfolgen wir das Verhalten des lymphatischen Apparates von der oberen Grenze der intermediiiren Zone aufwiarts. Im Bereich der Morgagnischen Saulen findet sich erst eine diffuse Infiltration der Schleimhaut mit Lymphzellen. Stellenweise treten allerdings besondere Lymphzellenverdich- tungen in die Erscheinung, die aber noch nicht das charak- teristische Geprige ausgesprochener Lymphfollikel an den Tag legen, indem sie nicht scharf begrenzt erscheinen und eines Centrum germinativum ermangeln. Echte Follikel mit eimem solchen Centrum kommen in dieser Zone nur an einer Stelle, aber auch hier bei weitem nicht konstant vor: in der Umgebung der vorhin beschriebenen, von den Depressionen der Sinus rectales ausgehenden sekundiéren Gange. In der Pars glabra der Intestinalzone treten uns solche dichtere Lymphzellengruppen schon hdufiger, auch schon in den oberflichlichen Schichten der Schleimhaut entgegen, zwischen den unteren Teilen der Lieberkiihnschen Krypten. Verfolgen wir das Verhalten dieser Bildungen in ihrer fort- 334 ALBERT v. SZENT-GYORGYT, schreitenden Entwickelung in oraler Richtung, so sehen wir, dass sie zuniichst an Umfang und Schirfe der Abgrenzung zu- nehmen. Die Lieberkiihnschen Schliuche werden nun, wo ihre Mimdungen dichter stehen, schief auseinandergedrangt, das Haufchen erreicht nun auch cinerseits, zwischen den Driisen emporsteigend, die Oberflache der Schleimhaut, d. h. die untere Grenze des Epithels, andererseits driingt es sich nun auch in das Gebiet der Submucosa, wobei die Muscularis mucosae ent- weder erhalten bleibt und auf beiden Seiten von Lymphzellen umfasst ist oder aber eine Unterbrechung erleidet. Gleich- zeitig weist das Knétchen eine dichtere Anordnung der Lymph- zellen und Ausserlich eine scharfere Abgrenzung auf. In der Pars follicularis erreichen die Knétchen unter Zunahme der gesamten lymphatischen Infiltration der Tunica propria mucosae ihre volle Entwickelung; nun stellt sich auch, ihnen ent- sprechend, die charakteristische Einsenkung der Oberflaiche: der eigentliche Folliculus ein. Wenn wir ein derartiges typisch entwickeltes Lymph- follikelchen betrachten (Fig. 10), so fallt zunachst seine Sichel- form auf, die die Bezeichnung Noduli lymphatici semilunares rechtfertigen. Von der Fliche betrachtet ist das Gebilde aller- dings nicht halbmond{érmig gestaltet, sondern kreisférmig oder elliptisch begrenzt. Im ganzen hbesitzt es also die Form cines flachen, tellerférmig oder napfférmig ausgehéhiten, in der Mitte dickeren Gebildes. Die hervortretenden Rinder des Gebildes verursachen einen wallartigen Vorsprung der Oberflache. Der Wall umfasst die kraterférmige mittlere Verticfung, die weiter oder schmiiler sein kann und immer tiefer in die Schleimhaut dringt als der dussere Abhang des Walles. Die im Bereich der seitlichen Teile des Porus follicularis miindenden Lieber- ktthnschen Krypten weisen eine auseinandergedringte, diver- gierende Anordnung auf, sie laufen schief oder der Oberflache der Schleimhaut parallel, ja die am inneren Abhang des Walles Zur Anatomie und Histologie des Teguments ete. 335 miindenden Driisen kénnen eine derartige Anordnung zeigen, dass ihr Fundus héher steht als ihre Mindungsstelle. Sehr oft begegnen wir hier erweiterten, unregelmassig geslalteten oder verdstelten Krypten. Entsprechend dem mittleren Gebiet der Vertiefung fehlen die Lieberkiihnschen Driisen. Hier be- riihrt der mittlere Teil des Li} mphknotchens unmittelbar die untere Grenze des Epithels. Das Knétchen weist hier seinen breitesten Durchmesser auf und nimmt auch das Gebiet der Submucosa in Anspruch. Seitlich verschmiilert es sich all- mahlich, findet nunmehr schon ganz im Bereich der Tunica propria mucosae Platz und endigt nach allmahlicher Verschmé- lerung zugescharft. Die Muscularis mucosae hért in der Regel unter den peripheren Teilen des Knétchens auf; manchmal lasst sich eine Spur derselben in Form einer kaum wahrnehm- baren Linie durch die Dicke des mittleren Knétchengebietes verfolgen. Von der unteren Grenze der Pars glabra an erscheint, wenigstens in der Mehrzahl der Falle, Fett in der Submucosa. Der Beginn des Fettes fallt mit der Grenze der Intestinalzone zusammen; wie weit diese submucése Fetteinlagerung reicht, vermag ich nicht anzugeben. Zum Schlusse draingt es mich, Herrn Hofrat Professor Dr. M. v. Lenhossék fiir die Unterstiitzung mit Rat und Tat wahrend der Ausarbeitung meines Themas meinen ver- bindlichsten Dank auszusprechen. Erklirung der Abbildungen. Samtliche Zeichnungen wurden von Fraulein Ida Eitel, Zeichnerin des Ana- tomischen Instituts, mit Hilfe des Abbeschen Zeichenapparates angefertigt. Fig. 1, Ubersichtsbild. Lingsschnitt der Zona cutanea, intermedia, colum- naris und glabra, bei etwa 10facher Vergrésserung. Fig. 2. Schnitt durch die Zona cutanea. Rechts Biindel des Musculus sphincter ext., daneben Gaysche Schweissdriisen. Haar und dazugehirige stark entwickelte Talgdriise. Etwa 60fache Vergrisserung. Fig. 3. Epithel der Zona intermedia. Mehrschichtiges Plattenepithel. Die oberflichlichste Schicht etwas verhornt. Leitz Oc. I, Obj. 6. . Fig. 4. Freie Talgdriise, dicht oralwarts von der Linea sinuosa unter einer Valvula Glissonii miindend. Leitz Oc. I, Obj. 3. Fig. 5. Hine weite, flache recessartige Vertiefung (von Herrmann Depression genannt), im Bereich eines Sinus rectalis, unter einer Valvula Glis- sonii gelegen. Unten Zona intermedia, oben Zona columnaris, Lumen der Sinuositét, sowie der von ibr ausgehenden sekundaéren Gange durch das Fixier- mittel erweitert. Etwa 9fache Vergrisserung. Fig. 6. Querschnitt eines ,,Canaliculus, d. h. einer schlauchférmigen sekundiren Hinstilpung des Epithels im Bereich eines Sinus rectalis. Der Canaliculus senkte sich schief in die Tiefe und blieb unverzweigt. Er ist un- weit von der Miindung getroffen. Leitz Oc. I, Obj. 6. Fig 7. Epithel der Mucosa analis, entsprechend dem Basalteil einer Columne. Mehrschichtiges Plattenepithel. Vergr. 90fach. Fig. 8. Epithel der Mucosa analis, entsprechend der Tiefe eines Sinus rectalis. Mehrschichtiges Cylinderepithel. Vergr. 65 fach. Fig. 9. Epithel eines sekundéren, in den in Fig. 5 wiedergegebenen Recess miindenden Ganges, dicht an der Miindungsstelle. Leitz Oc. 5. Obj. 6. Fig. 10. Folliculus lymphaticus semilunaris aus der Zona follicularis. Leitz Oc. I, Obj. 2. Anatom. Hefte. 1. Abteilung. 147/148. Heft (49. Bd., H. 1/2}. Circuman. dr: Fr. Tadgdr. Valu, Gliss. Z. cud. a A. URHLETINL, Lytph MM, sphinct. ext. Pig. 3. Verlag vari & Tafel 20/21. L ieberk. Kr. column a Pglabra z.tntest. 147/148. Heft (49. Bd., H. 1/2). 1. Abteilung. Anatom. Hefte. nett ns ee =e aad, : alt ayVand ae zo x g % ‘ oe eR i Verieg vor ONisgjate Wiesbaden TESS ENGELS