Zur Frage über die Wirkung des Speichels auf Amylum. flortäufig* 'ftttttfyeUung von Dr. Pasehutin, Privatdocent der Physiologie in St. Petersburg. I. Es werden der Wirkung des Ptyalins auf Amylum durch Anhäufung von Verwandlungsproducten keineswegs Hindernisse ent- gegengesetzt, wie es ersichtlich wird aus Folgendem: a) Man nehme eine concentrirte Trauben- oder Dextrinlösung, oder auch eine Mischung beider, setze derselben eine geringe Quan- tität frischen Speichels hinzu, und man erhält eine Mischung, die, un- geachtet des grossen Gehaltes an Verwandlungsproducten (Zucker, Dextrin), Amylum sehr energisch verwandelt. b) Man nehme statt der künstlichen Lösung von Verwandlungs- producten, die nach längerer Einwirkung des Speichels auf Amylum erhaltene Flüssigkeit, concentrire dieselbe zunächst mittelst des Wasserbades (hierbei wird natürlich das diastatische Vermögen des in der Flüssigkeit enthaltenen Ptyalins vernichtet), füge hierauf zur liltrirten und abgekühlten Flüssigkeit eine mässige Quantität frischen Speichels und erwarte die Einwirkung auf Amylum. — Es erweist sich, dass, wiewohl das Mittel, in welcher der diastatische Vorgang stattfindet, eine an Verwandlungsproducten stark concentrirte Lösung ist, dennoch die Verwandlung des Amylums sehr energisch vor sich geht. II. Es ist die specifisehe Eigenschaft des Ptyalins in Folge des diastatischen Processes wesentlichen Moditicationen unterworfen, wie das ersichtlich aus Folgendem: a) Man nehme 2 Portionen Speichels, setze zu einer derselben Traubenzucker, zu anderen aber füge man ein entsprechendes Quan- tum Dextrins, mit der Absicht, Zucker in derselben durch Einwir- kung des Ferments zu bilden, hinzu. — Ist das Dextrin in Zucker verwandelt, so vergleiche man die zuckerbildende Wirkung beider Fermentlösungen, indem man sie auf Amylum oder Dextrin wirken lässt. Es erweist sich, dass das Speichelferment, welches den be- sprochenen Vorgang (die Verwandlung des Dextrins nämlich) aus- führte, um ein Erhebliches schwächer diastatiseh wirkt, als das Speieheiferment der anderen Lösung. b) Man filtrire Speichel, nehme einen Theil davon und mische diesen mit einer gleichen Quantität Kleisters (zu gleichen Quanti- täten), hierauf nehme man nach Verwandlung des Amylums im Kleister zu Zucker aus der so erhaltenen Flüssigkeit 2 gleiche Portionen (je 100 Cubc.), erhitze die eine bis auf 90— 100° C., um die diastatische Beschaffenheit der Flüssigkeit aufzuheben, und füge nach vorherge- gangener Abkühlung der erhitzten Portion jeder derselben 50 Cbc. (somit genau die Hälfte der gemachten Mischung) vom Reste des zur Vermischung mit Kleister benutzten filtrirten Speichels hinzu, und zwar dermassen, dass man zur Portion, die ihre diastatische Beschaf- fenheit durch Erhitzen eingebüsst, einen normalen Speichel, zur an- deren aber einen Speichel, dessen zuckerbildende Wirkung durch Erhitzen aufgehoben, hinzugefügt. — Jede der erhaltenen Flüssig- keiten besteht somit aus einer Mischung folgender drei, dem Volumen nach gleichen Theilen: 1) Aus einer Lösung von Verwandlungsproducten. 2) Aus dem Speichel, welcher in Folge des Erhitzens seine zuckerbildende Wirkung eingebüsst hat, dem somit hier eine ganz passive Rolle, wie etwa jeder indifferenten Lösung zukommt; endlich 3) Aus einem wirksamen Speichel — dem wesentlichsten Be- standteile. Ein Unterschied bestellt aber zwischen dem wirksamen Speichel- fermente der einer Portion von dem der anderen : das Ferment der einen hat schon einmal Amylum in Zucker verwandelt, das Ferment der andern nicht. — Das Mittel, in welchem sich beide' Fermente befinden, ist offenbar in beiden ein und dasselbe (sowohl den Be- standtheilen, als den Volumen nach). Man vergleiche nun die zuckerbildende Wirkung beider Flüssigkeiten, indem man die Menge des nicht gekochten Amylums bestimmt, welche jede von ihnen wäh- rend einer und derselben Zeit, bei der nämlichen Temperatur in Zucker verwandelt, und es erweist sich, dass diejenige Flüssigkeit, die keine vorhergegangene diastatische Wirkung auszuführen gehabt, die zuckerbildende Beschaffenheit in höherem Masse besitzt. Somit erweist sich das Ferment des Speichels, im Gegensatz zur bisherigen Annahme als unvermögend zur Verwandlung unermess- licher Quantitäten Amylums, ohne selbst einer Veränderung unter- •worfen zu sein. 1871. Mai 18. St. Petersburg. Sep.-Abdr. a. d. Centralblatt f. d. med. Wissenscli. 1871 No. 24. Druck von H. S. Hermann iu Berlin.